Ideenreich gegen soziale Schieflage

TRIER-MARIAHOF. Kinderarmut ist nicht nur bundesweit ein Thema, sondern auch eines, das für Karin Scholzen, Leiterin des Kindergartens St. Michael, schon seit Langem aktuell ist. Die katholische Einrichtung auf Mariahof ist für Kinder und ihre Eltern in den vergangenen Jahren zu mehr als einer Tagesstätte geworden.

 Karin Scholzen mit ihren Schützlingen: Die Leiterin des Kindergartens St. Michael auf Mariahof setzt sich dafür ein, dass sich die kleinen Besucher beim Austoben und gemeinsamen Spielen in der Einrichtung wohl fühlen.TV-Foto: Kerstin Smirr

Karin Scholzen mit ihren Schützlingen: Die Leiterin des Kindergartens St. Michael auf Mariahof setzt sich dafür ein, dass sich die kleinen Besucher beim Austoben und gemeinsamen Spielen in der Einrichtung wohl fühlen.TV-Foto: Kerstin Smirr

"Mit Kinderarmut sind wir hier täglich konfrontiert", sagt Karin Scholzen, Leiterin des Kindergartens St. Michael auf Mariahof. "Das fängt bei der Zahlung der Elternbeiträge und des Essensgeldes an." Bei einem Drittel der 110 Kinder übernimmt das Jugendamt die Gebühren. Doch für Familien, deren Verdienst knapp über der Grenze für diese Hilfe liegt, kann der monatliche Beitrag zum Kostenfaktor werden. Verspätete Zahlungen sind für die Leiterin nicht selten. Und so werden auch Ausflüge für manche Eltern zum finanziellen Problem. Eins, für das sich Karin Scholzen eine Lösung überlegt hat: "Wir haben ein Patenschaftssystem initiiert." Finanziell besser gestellte Eltern werden dazu angeregt, nicht nur für das eigene, sondern auch für ein anderes Kind den Beitrag zu übernehmen. "Auf Mariahof wohnen Familien mit unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten. Wir nutzen das als Chance", sagt Karin Scholzen. Bereits benachteiligte Kinder sollten von gemeinsamen Aktivitäten nicht ausgegrenzt werden. Im Gegensatz zu Trier-Nord oder Trier-West fehle dem Stadtteil ein soziales Netzwerk von Institutionen vor Ort, die sich engagieren, erzählt Karin Scholzen. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich der Kindergarten daher zu mehr entwickelt als zu einer Betreuungsstätte für die Kleinen. In Zusammenarbeit mit der Lebensberatung Trier bietet der Kindergarten einmal pro Monat eine offene Sprechstunde für Eltern an. Fragen zur Erziehung können hier besprochen werden. "Es läuft bei uns auch sehr viel über Tauschaktionen. Wir sind Umschlagplatz für viele Dinge." So können sich Mütter, die eine Stelle als Haushaltshilfe suchen, an den Kindergarten wenden. Einige Familien geben im Kindergarten zudem Kleidung ab, die bedürftige Kinder erhalten. "Manche haben im Winter keine dicke Jacke oder Stiefel", erzählt Karin Scholzen. Doch nicht nur an der adäquaten Kleidung mangelt es einigen Kindern. Karin Scholzen kennt die Folgen der Armut aus ihrem Arbeitsalltag: Defizite im Sprachbereich wie ein geringer Wortschatz, niedriges Selbstbewusstsein, fehlende soziale Kompetenzen. "Manche Kinder kennen es zum Beispiel nicht, gemeinsam zu essen", erzählt sie. Wichtig ist ihr, dass sich die Kleinen ausreichend bewegen: "Viele leben in beengten Wohnverhältnissen." Die Erzieherinnen legten außerdem Wert darauf, eine besondere emotionale Nähe zu ihren Schützlingen aufzubauen. "Für manche Kinder ist das hier das zweite Zuhause", sagt Karin Scholzen. Die Einrichtung arbeitet eng mit dem Jugendamt und der Kinderfrühförderung zusammen. Eine Heilpädagogin besucht regelmäßig die Tagesstätte. Eine Ausländerfachkraft fördert die 25 Kinder zugewanderter Familien in ihrer Sprachkompetenz. Zwar forderten die verschiedenen Nationalitäten im Kindergarten besondere Hilfsmaßnahmen. Das ist für Karin Scholzen aber auch ein Plus: "Es ist für die Kinder eine Bereicherung zu sehen, dass es Menschen gibt, die eine fremde Sprache sprechen oder die andere Feste feiern."

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