Ihr Wahlspruch: Niemals locker lassen

TRIER-WEST. "Ich bin eine freie Frau, kann auch mal das sagen, was andere nicht aussprechen", sagt Linde Andersen. "Denn ich bin keiner Institution verpflichtet." Stark und selbstbewusst hört es sich an, wenn die 60-Jährige klare Worte für Ungerechtigkeiten findet, denen sie mit Tatendrang den Kampf angesagt hat.

Etwas als unabänderlich hinnehmen, die Hände in den Schoß legen und sich gemütlich zurücklehnen - das ist nichts für Linde Andersen. Als sie vor sieben Jahren nach Trier zog, hatte sie genug vom "Schickimicki"-Gehabe, das sie während ihres 30-jährigen Aufenthalts auf der nördlichsten deutschen Insel bei vielen Gästen und Sylter Neubürgern beobachten konnte. Dass es ihr persönlich gut gehe, darauf will sie sich nicht ausruhen. "Sich zurücklehnen und sich nicht für andere interessieren, das kann es nicht sein. Dafür sehe ich das Unrecht zu deutlich, und das gefällt mir nicht.""Trier ist für mich wie Norditalien"

Trier kannte Andersen von ihren Aufenthalten an der Europäischen Kunstakademie, und sie hatte einige Freundschaften in der Moselstadt geschlossen. "Trier ist für mich wie Norditalien. Es ist hier wunderbar, eine schöne und warme Stadt", schwärmt die 60-Jährige von ihrer neuen Wahlheimat wie eine Einheimische. Ungewöhnlich mag zunächst scheinen, dass sie sich für Trier-West als Wohnort entschieden hat. Obwohl sie gewarnt worden sei, das sie nicht "dorthin" gehen könne. "Ich kann! Ich setze erstens meinen Willen, zweitens meine Erfahrung gegen solche Vorurteile ein", sagt Andersen. Pauschale Verurteilungen lässt sie nicht gelten. Vielmehr versucht sie, hinter die Fassaden zu blicken und die Menschen als das zu sehen, was sie sind, ohne sich über sie zu erheben. Bereits auf Sylt hat sich Andersen auf politischer Ebene im dortigen Ortsbeirat um Verbesserungen bemüht, stieß mit ihrer vehement kämpferischen Art aber nicht auf ungeteilte Gegenliebe. Sie streitet für soziale Gerechtigkeit und engagiert sich im Vorstand des Trierer Kreisverbandes der Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG). Einen Leitspruch einer anderen Gruppierung hat sie in vollem Umfang zur eigenen Maxime erklärt: "Lasst euch nicht verarmen. "Die Menschen sind zu wenig solidarisch. Es kann auch anders, christlicher gehen. Dafür will ich mich einsetzen. Unsere Ziele sind gut und die Wege dahin angemessen." Linde Andersen ist sich ihrer Verantwortung als mündige Bürgerin bewusst. Als solche unterstützt sie am Runden Tisch in Trier-West die Bemühungen von Institutionen, Kindergärten, sozialen und schulischen Einrichtungen. Als die erste Runde von Los-Projekten (Lokales Kapital für soziale Zwecke) begann, unterstützte die Künstlerin, die sich in ihrem Haus Werkstatt und Atelier eingerichtet hat, das Dechant-Engel-Haus bei der Wohnumfeld-Verschönerung im Irminenwingert. Über diese Beteiligung und das Interesse für ihre Umgebung kamen Linde Andersen und ihr Nachbar Thomas Willinger in engeren Kontakt, und beide brachten dann auf Willingers Vorschlag hin ein zweites Projekt auf den Weg. "Er ist ein Mann der Tat und ich kann gut mit Ämtern und Behörden umgehen", sagt die Mitinitiatorin. Gemeinsam mit Leuten aus dem Stadtteil sind die beiden dabei, die Heidenbornquelle wieder etwas mehr zu dem Ort zu machen, der sie einmal war.Begeistert von historischen Spuren

Denn von historischen Spuren längst vergangener Kulturen wie dem keltischen Quellheiligtum ist Andersen begeistert. Auch in ihrem künstlerischen Schaffen versucht sie zum Teil, alte Techniken zu verstehen und sie sich anzueignen. Fasziniert ist sie von Masken, die der Commedia dell'Arte entstammen, und einem römischen Masken-Fund aus Tawern, den sie im Landesmuseum unter die Lupe nehmen durfte und später in ihrer Werkstatt nach Abgüssen vom Original aus Ton anfertigte. "Es war mein Traum, nachzuempfinden, wie die Menschen das früher gemacht haben. Der Prozess war es, der mich begeistert hat", sagt sie. "Und es war ein erregendes Gefühl, es mit allen Schwierigkeiten selbst auszuprobieren."

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