Im Land, wo Milch fließt…

Wer in Vierherrenborn leben möchte, der muss neben der Liebe zu Natur und Tieren einen guten Orientierungssinn mitbringen. Denn kein größerer Ort der Region hat mehr Wiesen und Felder pro Einwohner als die Gemeinde im Osburger Hochwald. Dabei ist Vierherrenborn keine gewöhnliche landwirtschaftliche Gemeinde. Und irgendwie auch gar kein "richtiger" Ort…

 Thomas Brose mit Söhnchen Lukas auf der Kuhweide. TV-Foto: Ursula Quickert

Thomas Brose mit Söhnchen Lukas auf der Kuhweide. TV-Foto: Ursula Quickert

Vierherrenborn. "Kaum auszuhalten, diese Hitze", denken sich die Vierherrenborner Kühe. Kaum auf der Weide, traben sie in Richtung Schatten und fläzen sich ins saftige Gras. Doch: Sie sind die einzigen, die sich in dem 200-Seelen-Dorf etwas Ruhe gönnen. Denn in Vierherrenborn wird richtig geschafft. Keine Gemeinde in der Region Trier mit mehr als 1000 Hektar Wald und Feldern kommt auf eine höhere Pro-Kopf-Quote landwirtschaftlicher Fläche.

Wer von der Landesstraße 268 abfährt und bei geöffnetem Fenster dem Schild Vierherrenborn folgt, den heißen zunächst die Grillen willkommen, die sich in den Feldern ringsum verstecken. Die Landwirtschaft, sie ist Vierherrenborns Dreh- und Angelpunkt - und sein Ursprung. Zwischen 1934 und 1954 entstanden dort 42 Siedlerstellen für rheinische Bauern und heimatvertriebene Familien - damit ist Vierherrenborn auch einer der jüngsten Orte in Rheinland-Pfalz. "Eine einzigartige Siedlungsform", erzählt Ortsbürgermeister Franz Mersch. Dass daraus einmal eine eigenständige Gemeinde wird, ahnte zu Beginn noch niemand.

Heute machen Wald und Felder knapp 89 Prozent der Gemeindefläche aus. Davon nutzen die acht Nebenerwerbs- und elf Vollzeit-Landwirte etwa zwei Drittel als Gründland, um Futter für ihre Tiere anzubauen. Tiere? Ja, in Vierherrenborn fühlen sich vor allem Kühe wohl. Hühnern und Schweinen haben sie schon lange den Rang abgelaufen. Und der Bauer, der Ackerwirtschaft betreibt, setzt auf Getreide, Silomais, Hafer, Gerste, Triticale oder Roggen.

Ohne Auto geht hier nichts



Wer behauptet, dass Vierherrenborn ein kleiner Ort sei, den belehren die Einwohner eines Besseren. Nur elf Kilometer Straßen, aber 30 Kilometer Wirtschaftswege schlängeln sich durch die Flur. Zwei bis vier Häuser bilden meist weit voneinander entfernte Hofgruppen. Die Folge für den Alltag: Ohne Auto geht hier nichts. Ebensowenig ohne Nachbarschaftshilfe. "Deshalb stehen unsere Türen den ganzen Tag offen", sagt Christa Mersch, die Frau des Ortsbürgermeisters. Sogar den Räumdienst für den Winter organisiert die Dorfgemeinschaft selbst.

Aber Vierherrenborns Gesicht hat sich gewandelt: Viele Einwohner betreiben die Landwirtschaft nur noch als Zuerwerb, fahren tagsüber Bus oder LKW. Des Geldes wegen. Denn ihr Herz hängt an der Arbeit in der Natur. Einige Bauernhöfe sind mittlerweile von Pferdezüchtern aufgekauft worden. Alles ist gut in Schuss, verwaiste Höfe gibt es nicht. Die Vollerwerbs-Betriebe sind im Laufe der Zeit immer größer geworden. Auch die Zahl von Merschs Kühen hat im Laufe der Jahre zugenommen. Die Zeiten, in denen die Tiere noch Pia, Peggy oder Porta hießen, sind vorbei. Heute tragen sie Nummern statt Namen.

Thomas Brose ist einer der größten Landwirte im Ort. Er züchtet Ammenkühe für die Schlachtung. Um 7 Uhr morgens beginnt sein Arbeitstag - und endet manchmal erst um Mitternacht. Dank Landwirten wie ihm, die Felder aufkaufen oder pachten, gibt es noch keine brachliegenden Flächen rund um Vierherrenborn. "Sonst würde die Landschaft verwildern", sagt er.

Doch wie wird Vierherrenborn in zehn Jahren aussehen? Bürgermeister Mersch setzt vor allem auf Naherholung, will Radfahrern und Wanderern die Vierherrenborner Natur schmackhaft machen.

Für die Landwirtschaft prognostiziert Brose: "Zwei oder drei Bauern werden's wohl schaffen. Aber wenn die Subventionen gestrichen werden und die Preise so bleiben wie im Moment, überlebt niemand."

Älter, nasser, sonniger, höher: Was hat unsere Heimat zu bieten? Die TV-Serie "Superlative der Region" warf einen Blick auf Orte in der Region, die besonders sind. Extra Die Spitzenreiter: Mit 1279 Hektar und 194 Einwohnern weist Vierherrenborn in der Region Trier die höchste Pro-Kopf-Quote landwirtschaftlicher Fläche auf - unter den Gemeinden mit mehr als 1000 Hektar Wald und Feldern. Bei den kleineren Orten kommt Nitz in der Verbandsgemeinde Kelberg auf die höchste Quote: In der 48-Seelen-Gemeinde werden 600 Hektar landwirtschaftlich genutzt. Bei der Anzahl der Bauern ist Morbach mit 85 Betrieben Spitzenreiter. Die Einheitsgemeinde ist zudem der Ort mit den größten von Landwirten genutzten Flächen insgesamt: 4039 Hektar. Diese Daten des statistischen Landesamts stammen aus dem Jahr 2007, jüngere Zahlen liegen noch nicht vor. (uq)

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