Im Vergleich ist Trier reich

"Finanzprobleme der Stadt dürfen nicht auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen werden" - so heißt es in einem Eltern-Flugblatt zum Schulkonzept. Runder Tisch und Stadtverwaltung werden verdächtigt, das Schulangebot zulasten der Kinder zu schrumpfen. Vergleiche mit anderen Städten vermitteln ein anderes Bild.

Trier. Nicht überall ist die Tonart der Proteste so sachlich und moderat wie an der Egbert-Schule, von der das Eingangszitat stammt. In Pfalzel spricht der Elternbeirat angesichts einer möglichen Grundschul-Schließung gar von der "mutwilligen Zerschlagung gewachsener sozialer Strukturen".

Es gebe "keine zusammenhanglosen Schließungspläne", widerspricht Bernhard Hügle, der für die Grünen am Runden Tisch sitzt und selbst ein erfahrener Schulmann ist. Ziel sei ein "ausgewogenes Gesamtkonzept", in dessen Rahmen die Schließung einzelner Schulen "ein Thema unter vielen ist".

In der Tat war es der Stadtrat selbst, der unter Mitwirkung aller Fraktionen den Auftrag erteilt hat, Schließungs-Szenarien zu prüfen und mögliche Einsparungen oder Einnahmen detailliert zu berechnen.

Dass jetzt manche Bürger "nach dem Prinzip verfahren, bei uns muss alles so bleiben, wie es ist", kann IHK-Bildungsexperte Marcus Kleefisch "durchaus verstehen". Aber entschieden werden müsse, "wie wir unsere Schulen am besten für die Zukunft rüsten".

Mainz hat weniger Grundschulen als Trier



Und da könnte sich ein vergleichender Blick auf die Schulen anderer rheinland-pfälzischer Städte lohnen. Zum Beispiel nach Mainz. Die Landeshauptstadt, die nicht gerade als Hort des Bildungsnotstandes gilt, hat trotz doppelter Einwohnerzahl zwei Grundschulen weniger als Trier. Die 5200 Mainzer Grundschüler kommen mit 21 Schulen aus, in Trier braucht man 23 Schulen für 3100 Schüler. Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass Mainz noch einige Mischform-Schulen hat, ist die Differenz schwer zu erklären.

Ludwigshafen, 160 000 Einwohner und mit 6000 Grundschülern doppelt so viele wie die Mosel-Metropole, kommt wie Trier mit 23 Grundschulen aus. Interessant ist dabei, dass sowohl Mainz als auch Ludwigshafen mit 22 Schülern pro Klasse keine nennenswert größeren Klassen als Trier (20,3) haben. Im Gegenteil: Während bei den oft einzügigen Trierer Klassen die Stärken von 15 bis 30 extrem differieren, können die anderen Städte mit ihren meist dreizügigen Grundschulen die Klassengrößen halbwegs ausgeglichen gestalten.

Interessant ist auch ein Vergleich mit dem Umland. Die Landkreise der Region haben im Verhältnis zur Schülerzahl kaum mehr Grundschulen als die Stadt, obwohl sie riesige Flächen abdecken müssen. Da bezieht sich die Forderung "kurze Beine, kurze Wege" in der Regel nicht auf den Fußweg, sondern auf die Länge der zum Schulbesuch nötigen Busfahrt.

Dass solche Fakten zur Versachlichung der Diskussion beitragen können, hofft auch Bernhard Hügle. Man brauche, so sein Plädoyer, "dringend eine differenziertere Sichtweise".

Meinung

Mit Blick aufs Ganze

Schade, dass so wenig über die Zukunfts-Perspektiven der Trierer Schulen geredet wird. Über differenziertere Angebote, neue Formen, solidere Finanzierung, angemessene Ausstattung. Und, was die Grundschulen angeht, über die Entlastung der Pädagogen von Management-Aufgaben. Über mehr Wahl-Freiheit für Eltern und klare Profile. Das alles steht nämlich im Schulentwicklungs-Konzept drin. Es steht allerdings ehrlicherweise auch drin, dass möglichst viele kleine Schulen nicht der Weisheit letzter Schluss sein könnten. Auch, aber keineswegs nur aus finanziellen Gründen. Denn kleine Schulen bedeuten weder zwangsläufig kleine Klassen noch besseren Unterricht. Die Trierer Schulen sind in einem beschämenden Zustand. Gleichzeitig gibt es, jedenfalls bei den Grundschulen, weit mehr davon, als andere Städte brauchen. Wer da einen Zusammenhang herstellt, ist kein herzloser Kahlschläger, sondern er denkt an das Wohl aller Trierer Schüler. Denn die wären Leidtragende, wenn der Status quo für weitere quälende Jahre fortgeschrieben wird. In der Demokratie kann es passieren, dass der Nutzen für alle auch Nachteile für einzelne mit sich bringt. Deren gutes Recht ist es, sich dagegen zu wehren. Aber die Politik kann sich davon nicht das Handeln diktieren lassen. Sie muss allerdings sehr genau hinhören, Argumente prüfen, abwägen. Vielleicht hat ja das Schulentwicklungskonzept Schwächen, etwa, weil es die Frage nicht beantwortet, wie das Potenzial erfolgreich arbeitender, aber räumlich ungeeigneter Schulen für neue Strukturen gerettet werden kann. Darüber sollte geredet werden. Aber nicht mit Schaum vor dem Mund. Und, wenn's geht, mit Blick aufs Ganze. d.lintz@volksfreund.de

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