Im grünen Reich der "Laubenpieper"

FEYEN-WEISMARK. Lange Zeit waren sie das viel bemühte Symbol für Spießigkeit: die Kleingartenanlagen. In Zeiten schmaler Urlaubskassen könnten die Schrebergärten aber eine Renaissance erleben. Schon heute verbringen 120 Trierer mit ihren Familien die Freizeit in der Laubenkolonie auf der Weismark.

 Apfelernte bei Aloys Dahm: Der 83-jährige Kleingärtner der ersten Stunde baut in Trier-Weißmark mit Vorliebe alte, robuste Apfelsorten an.Foto: Cordula Fischer

Apfelernte bei Aloys Dahm: Der 83-jährige Kleingärtner der ersten Stunde baut in Trier-Weißmark mit Vorliebe alte, robuste Apfelsorten an.Foto: Cordula Fischer

Die Kleingärten wurden häufig in der Nähe von viel befahrenen Straßen oder am Rande von Bahnlinien angelegt. Die Härenwies-Anlage nimmt eine Sonderstellung ein, denn sie befindet sich in angenehmer Stadtrandlage neben Herrenweiher und Südbad. Im Jahr 1946 wurde beiderseits des Aulbaches mit der Kultivierung der Parzellen begonnen. Auch auf dem heutigen Gelände des Freibads entstanden Gärten, in denen die Menschen sich kurz nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Anbau von Obst und Gemüse das Überleben sicherten. Als einige Jahre später der Bau des Südbads geplant wurde, mussten die Selbstversorger weichen und bekamen oberhalb der bisherigen Parzellen in Richtung der Straße Auf der Weismark neue Grundstücke zugewiesen. Im Jahr 1954 wurden die Gärten in ihrer heutigen Form angelegt. Die Stadt baute die Wege und verlegte Wasserleitungen. Die Selbstversorger-Funktion der Schrebergärten ist weggefallen, auch wenn laut Kleingärtner-Gesetz die Nutzfläche den überwiegenden Teil der Gärten ausmachen soll. Aber der Trend gehe immer mehr zum Erholungsraum, sagt der Vereinsvorsitzende Peter Kaup.Vegetarier-Herzen schlagen höher

Inzwischen kämen die Laubenpieper aus allen Bevölkerungsschichten und Berufsgruppen. Vor allem junge Familien würden die Gartenkolonie neu schätzen lernen. Im Gegensatz zu ihnen ist Aloys Dahm ein Härenwieser Kleingärtner der ersten Stunde. "Wir haben damals die Gärten selbst vermessen und neu eingeteilt. Ich habe als Erster meinen Garten gehabt", erinnert sich der 83-Jährige. Noch immer betreibt der Mann mit dem grünen Daumen intensiven Obst- und Gemüseanbau. "Er hat hier den Mustergarten schlechthin und ist Gärtner mit Leib und Seele", erzählt Peter Kaup. Denn bei Aloys Dahm wächst und gedeiht alles, was das Vegetarier-Herz höher schlagen lässt: Vor allem alte Apfelsorten, die robust und schmackhaft sind, züchtet der Freizeit-Gärtner mit Vorliebe. Aber auch mit "Kappes, Möhren, Sellerie, Lauch, Paprika, Erdbeeren und Kartoffeln" werden Küche und Keller im Hause Dahm vitaminreich beliefert. Einen Garten der skurrilen Art hat sich Klaus Melchisedech auf seiner 335-Quadratmeter-Parzelle angelegt. Figuren, Installationen und Kunstobjekte ergänzen die Natur und bringen sie mit der Technik in Einklang. Da drückt auch der Verein ein Auge zu, denn solch individuelles Aufblühen fantasievoller Gartengestaltung ist selbst angesichts strenger Bundeskleingartengesetze erlaubt, solange es nicht den Garten des Nachbarn beeinträchtigt. Einigkeit, Gemeinschaft und friedvolles Miteinander pflegen die "Laubenpieper" dann auch gerne bei gemeinsamen Sommer- und Herbstfesten und beim Plausch über den Gartenzaun hinweg.

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