Immer Ärger mit den Reformen

Beim Trierer Schul-Entwicklungsplan zeichnet sich ab, dass der Zeitplan ins Rutschen gerät. Eine Entscheidung vor der Sommerpause ist unwahrscheinlich. Derweil zeigt ein Blick auf die Vergangenheit, dass sich Trier mit Veränderungen im Schulwesen immer schwer getan hat.

Trier. Ursprünglich sollte das Konzept Anfang April vorgelegt werden. Doch die Abschluss-Beratungen am Runden Tisch haben bislang noch gar nicht stattgefunden. Zudem wurde nach TV-Informationen für Mitte April eine Sitzung des Ältestenrates einberufen - offenbar will man die Stadtrats-Oberen gesondert informieren, bevor die Fraktionen und die Öffentlichkeit das Papier zu Gesicht bekommen.Dann bleibt aber wenig Zeit für eine breite öffentliche Debatte, wenn das Konzept - wie von Dezernent Ulrich Holkenbrink angekündigt - vor der Sommerpause verabschiedet werden soll. Das sei angesichts des Beratungsbedarfs "eher unwahrscheinlich", prognostiziert etwa FDP-Fraktionschef Thomas Egger.Auf ein paar Wochen mehr oder weniger kommt es schwerlich an, wartet man doch in Trier seit vier Jahrzehnten vergeblich auf die Verabschiedung eines schlüssigen Gesamt-Konzepts für die Schullandschaft. Die Misere begann Ende der 60er Jahre mit den Plänen für den berühmten "Ringtausch". Ein kompliziertes Rotations-Gebilde, das Gebäude-Wechsel zwischen Uni, FH und Berufsbildenden Schulen vorsah. 50 Millionen Mark kosteten die notwendigen Bau- und Sanierungsmaßnahmen schließlich alleine die Stadt - was eineinhalb Jahrzehnte das Budget für Unterhalt und Ausstattung der Trierer Schulen blockierte. Als der damalige Schuldezernent Walter Blankenburg 1975 sein Amt antrat, fand er bereits einen Sanierungsstau von 20 Millionen Mark vor. Um der Sache Herr zu werden, entwickelte der Sozialdemokrat gemeinsam mit dem späteren Baudezernenten Peter Dietze die Schulpläne I und II, die den Zustand der städtischen Schulen analysierten und Zukunftsvorschläge machten. Beim ersten Plan ging noch alles gut. Obwohl er unter anderem die Schließung der Grundschulen in Kernscheid und Neu-Heiligkreuz vorsah, verabschiedete der Stadtrat 1977 die notwendigen Maßnahmen. "In Heiligkreuz gab es heftige Diskussionen", erinnert sich Blankenburg. Der fertige Schulplan wurde nie verabschiedet

Aber das war nur ein kleiner Vorgeschmack auf den Sturm, der sich erhob, als 1981 der Schulplan II für die weiterführenden Schulen aufs Tapet kam. Das 150 Seiten starke Papier verengte sich in der öffentlichen Diskussion rasch auf die Schließung eines Gymnasiums. Sechs Jahre dauerte der erbitterte Streit, der damit endete, dass das Land auf Vorschlag des Stadtvorstands und gegen den Willen des Rates das Treveris-Gymnasium schloss. Demonstrationen, Leserbrief-Kriege und tumultartige Ratssitzungen waren vorausgegangen. Der Schulplan II aber wurde nie verabschiedet. Die Parteien verspürten wenig Lust, das brisante Thema aufzugreifen, und an der Verwaltungsspitze brachte niemand mehr Blankenburgs Mut auf, sich die Finger zu verbrennen. Zaghafte Ansätze in der Ära Grabbe verpufften. Mit HGT und Kurfürst-Balduin-Hauptschule gab es in den 90ern zwei große Sanierungsprojekte, aber der Rest blieb Flickwerk - ebenso wie die Angebots-Struktur der Trierer Schullandschaft. Meinung Aus der Vergangenheit lernen Wer sich die Mühe macht, im alten Schulplan von 1981 nachzuschlagen, wird staunen, wie viele gescheite Sachen darin stehen. Hätte man sich ernsthaft an seine Umsetzung gemacht und die Entwicklung regelmäßig aktualisiert, wäre die Schullandschaft in Trier nicht so heruntergekommen wie sie es ist. Aber der Politik fehlte der Mut, sich unbequemen Realitäten zu stellen. Und die, die es taten, mussten reichlich Prügel einstecken. Hätten damals nicht OB Zimmermann und Dezernent Blankenburg trotz steifer Brise das TGT geschlossen, um Platz für die Pestalozzi-Schule zu schaffen, wäre Trier um etliche weitere Millionen Euro Sanierungs- und Baukosten ärmer. Das wird übrigens auch nicht dadurch falsch, dass es aufgrund kurzfristiger aktueller Entwicklungen für zwei, drei Jahre einen Engpass bei den Trierer Gymnasial-Plätzen gibt. Wer sich jetzt wieder um ein konsequentes Entwicklungskonzept drücken will, übernimmt die Verantwortung dafür, dass die teilweise unerträgliche Lage an den Trierer Schulen dauerhaft fortbesteht. d.lintz@volksfreund.de

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