Immer nur lächeln

Der Neue fährt Bus statt Auto, besucht alle seine Mitarbeiter in ihren Büros, lässt sich für die dritte Welt in Bananen aufwiegen und hat als engsten Mitarbeiter keinen Juristen, sondern einen Kommunikations-Profi. Oberbürgermeister Klaus Jensen setzt neue Akzente. Und doch ist längst nicht alles anders als bei seinem Vorgänger.

 Oberbürgermeister müssen gute Laune ausstrahlen: Klaus Jensen beherrscht schon im ersten Amtsmonat das repräsentative Geschäft bei Terminen aller Art. TV-Archiv-Fotos: Christiane Wolff (2), Friedemann Vetter (2), Gabriela Böhm

Oberbürgermeister müssen gute Laune ausstrahlen: Klaus Jensen beherrscht schon im ersten Amtsmonat das repräsentative Geschäft bei Terminen aller Art. TV-Archiv-Fotos: Christiane Wolff (2), Friedemann Vetter (2), Gabriela Böhm

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Trier. Ein Pressetermin am Montagvormittag: So was wäre früher undenkbar gewesen im Trierer Rathaus. Der Montagmorgen war sakrosankt, denn dann pflegte der Stadtvorstand zu tagen. Das tut er immer noch. Aber die Sitzungen enden nicht mit der Mittagszeit, sondern oft schon gegen zehn Uhr."Der Neue hat nicht das Bedürfnis, allen die Welt zu erläutern", erklärt ein alt-erfahrener Amtsleiter die wundersame Zeitersparnis bei Verwaltungsoffizialien aller Art.Klaus Jensen braucht seine Zeit für anderes. Zum Beispiel für das ehrgeizige Vorhaben, alle seine Mitarbeiter kennen zu lernen. Nicht durch Betriebsversammlungen, sondern durch einen Marathonlauf von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz. Am ersten Arbeitstag stand er morgens um fünf Uhr bei der Müllabfuhr, ohne Voranmeldung, ohne Presse. Kein Problem für den notorischen Frühaufsteher Jensen, aber die Müllmänner waren verblüfft. "Das kam gut an", sagt der Personalratsvorsitzende Bernd Steil. Überhaupt habe man das Empfinden, der neue OB höre gründlich zu. "Aber leider hört er trotzdem nicht immer auf uns", sagt Steil und lacht. Doch es gebe "konstruktive, schnelle Lösungen". Jensen komme "sehr authentisch rüber".Die Offensive im eigenen Haus ist zeitaufwändig. "Aber die Zeit ist gut investiert", sagt Rolf Schmitz (51), der persönliche Referent des neuen Chefs. Schmitz ist quasi der personifizierte neue Stil an der Stadt-Spitze. Wo seit Menschengedenken Verwaltungs-Juristen als engste Vertraute und Abschirmdienst des OB amtierten, hat Jensen einen Weggefährten mitgebracht, der zwar Verwaltungswirt gelernt, seine Berufserfahrung aber in einer Sozialorganisation wie der Caritas gesammelt hat. Schmitz habe "einen Blick von außen, das merkt man sofort", sagt ein Insider aus der ersten Rathaus-Etage anerkennend. "Juristischen Rat kriege ich anderswo in der Verwaltung auch", sagt Jensen, "ich wollte einen, der Kommunikation organisieren kann". Und einen, der "über Lebenserfahrung verfügt".So ist Schmitz auch eine Art Ein-Mann-Küchenkabinett - ein Begriff, den Jensen freilich nicht mag. Er klingt nach Kungelei. Rat hole er sich an vielen sachkundigen Stellen, aber es gebe "keine kleine Gruppe mit Monopol". Dass die dicken inhaltlichen Brocken auf ihn erst zukommen, ist dem OB durchaus klar. Aber er will sich nicht unter Druck setzen lassen, "auch nicht von der 100-Tage-Marke". Seine Devise: "Neue Anstöße brauchen Zeit".Viel Zeit hat er allerdings nicht, angesichts hoher Erwartungshaltungen. So sucht er - durchaus kalkuliert - auch schon mal symbolträchtige Auftritte wie den 1. Mai beim DGB. Oder den demonstrativen Kauf der Bus-Jahreskarte. Seither ist er nur ein einziges Mal per Dienstwagen nach Hause gefahren. Mit der Konsequenz, dass er sich Tag für Tag die verwunderte Feststellung seiner ÖPNV-Mitfahrer anhören muss, "dass der ja tatsächlich mit dem Bus fährt". Jensens logischer Schluss: "Offenbar traut man uns Politikern keinen Meter über den Weg."In einem Punkt zumindest ist der neue OB sehr schnell ein "normaler" Politiker geworden: bei den Repräsentationsterminen. Er lächelt bei eisernen Hochzeiten, mit bastelnden Kindern, für Betriebsjubiläen oder Seniorenheim-Eröffnungen. 13 Fototermine verzeichnet das TV-Archiv im ersten Amtsmonat - das übertrifft selbst Schröer-Schlagzahlen. Auch wenn Jensen das, was Abgebrühte unter seinen Polit-Kollegen "Grrr-Termine" nennen - "Grinsen, grüßen, gratulieren" nicht unbedingt liebt: Dem Profi ist doch klar, "dass die Bürger ihren OB auch mal sehen wollen".

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