In Euren und St. Matthias fing alles an

Kistenweise Material wurde aus den Kellern hervorgeholt, analysiert und katalogisiert - nun verfügt die Volksbank Trier über die erste Chronik ihrer über 140-jährigen Geschichte. Das Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsarchiv hat alle Quellen zusammengestellt.

Trier. War es 1904 oder doch schon 1860? Diese Frage werden die Historiker des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchivs (RWWA) noch klären müssen. Eigentlich ist die Geburtsstunde der Volksbank Trier der 7. Februar 1904, als die "Volksbank der Pfarrgemeinde St. Matthias" gegründet wurde. Doch schon 44 Jahre früher gab es eine Genossenschaftsbank auf Trierer Boden, in Euren. Diese löste sich zwar zwischenzeitlich auf, wurde aber später neu gegründet - und ist historisch betrachtet die eigentliche Gründungsbank. Bis auf dieses Detail ist die Geschichte der Volksbank Trier nun komplett aufgearbeitet.

RWWA-Chef Ulrich Soenius übergab dem Bankvorstand die Chronik, die auch ein "Findbuch" enthält. Dort ist genau aufgelistet, wo sich welche Originale wie Protokolle oder Mitgliederlisten befinden. Insgesamt wurden alleine 130 Protokollbücher durchgearbeitet. "Die Geschichte der Bank ist typisch für die Rheinprovinz", sagte Frauke Schlütz vom RWWA, die Chronik und Fundbuch erstellte und derzeit ihre Doktorarbeit zum Thema "Geschichte der Genossenschaftsbanken in der Rheinprovinz" verfasst.

Kredit-Entscheidungen sonntags vor dem Kirchgang

 Alte Unterlagen vor neuer Unternehmenszentrale: Arne Rössel (IHK Trier), Karl A. Heinz (Volksbank Trier), Frauke Schlütz und Ulrich Soenius (beide RWWA) sowie Horst Schreiber (Volksbank Trier, von links) präsentieren Originale der Chronik (links). Rechts ein historisches Foto der Volksbank St. Matthias, einer der „Mütter“ der heutigen Volksbank. TV-Foto: Björn Pazen, Foto: Volksbank-Archiv

Alte Unterlagen vor neuer Unternehmenszentrale: Arne Rössel (IHK Trier), Karl A. Heinz (Volksbank Trier), Frauke Schlütz und Ulrich Soenius (beide RWWA) sowie Horst Schreiber (Volksbank Trier, von links) präsentieren Originale der Chronik (links). Rechts ein historisches Foto der Volksbank St. Matthias, einer der „Mütter“ der heutigen Volksbank. TV-Foto: Björn Pazen, Foto: Volksbank-Archiv



Die Historie ist geprägt von zahlreichen Fusionen - die heutige Volksbank Trier entstand aus 34 Einzelbanken, die sich von Hetzerath bis Oberemmel und von Ralingen bis Thomm erstreckten. Alleine im Trierer Stadtgebiet gab es sechs Genossenschaftsbanken. Einer der Gründerväter war Georg Friedrich Dasbach (1846 - 1907), der unter anderem den "Trierischen Genossenschaftsverband" ins Leben rief. Seine Intention war der "Kampf dem Wucher". Und wie seinerzeit Kredite vergeben wurde, belegen zahlreiche Dokumente. So war es Usus, sonntagsmorgens vor dem Kirchgang die Bankmitglieder einzubestellen und über Kredite entscheiden zu lassen.

"Ich bin überrascht über so viele neue Erkenntnisse", sagte Karl A. Heinz, Vorstand der Volksbank Trier, die 2004 mit der Volksbank Schweich fusionierte und dadurch nicht nur 19 anfangs eigenständige Banken "erhielt", sondern auch einen weiteren historischen Eckpunkt vorweisen kann: Denn der "Credit- und Sparverein für die Bürgermeisterei Schweich" wurde als eine der ersten Genossenschaftsbanken überhaupt bereits 1869 gegründet.

Die Geschichte der Fusionen, die in den 50er-Jahren begann und zunächst im Zusammenschluss mit der Raiffeisenbank Trier (1999) mündete, wurde für die Chronik in einem riesigen "Stammbuch" zusammengefasst. "Die Chronik ist nicht nur die Geschichte der Bank, sondern auch auch die Geschichte der vielen Orte und Stadtteile", sagte Soenius.

Und eines zeigte sich auch: Grundsätzlich ist auch die NS-Zeit kein schwarzer Fleck für die Banken, wenn auch alle Protokolle mit "Heil Hitler" unterzeichnet werden mussten.

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