Initiativkreis für Trier-Biewer: Ein Stadtteil soll nicht verwahrlosen

Trier-Biewer · Engagierte Bürger sorgen sich um die Zukunft des Stadtteils Biewer, der Zeichen des Niedergangs aufweist. Um die Entwicklung zu stoppen, haben sie einen Initiativkreis gegründet.

 Diskussion vor neuem Leerstand (von links): Karsten Steil-Wilke, Otmar Cartarius und Stefan Schuh in der Biewerer Straße. TV-Foto: Friedhelm Knopp

Diskussion vor neuem Leerstand (von links): Karsten Steil-Wilke, Otmar Cartarius und Stefan Schuh in der Biewerer Straße. TV-Foto: Friedhelm Knopp

Foto: Friedhelm Knopp (f.k.) ("TV-Upload Knopp"

Eindrücke in der Biewerer Straße dieser Tage: Geschlossene Geschäfte, ein verwaister Imbissbetrieb, die Metzgerei war einmal und an der kürzlich wegen Altersgründen geschlossenen Apotheke wirbt ein Plakat eher hilflos für Nachmieter. Die Sparkassenfiliale weiter oben ist schon seit Monaten zu - trotz der Proteste der Bevölkerung und einer Intervention des Ortsbeirats (der TV berichtete). Auch Wohnungen stehen zunehmend leer, Bauland für junge Familien gibt es nicht und jüngst kam das Aus für den Maschinenbauer Kirch, den einst größten Arbeitgeber im Ort.

Aber einige aus dem Stadtteil - oder die sich ihm verbunden fühlen - wollen nicht weiter tatenlos zuschauen, wie alles den Bach runtergeht. Sie haben sich dazu im Initiativkreis Trier-Biewer zusammengeschlossen. Ziel der freien Interessengruppe ist, der Abwärtsbewegung entgegenzusteuern.

Der TV trifft einige ihrer Vertreter im Turm an der Turnhalle, dort, wo der TSG Biewer unmittelbar neben der Grundschule seinen Sitz hat. Es habe vor einigen Jahren mit der Sorge um den Grundschulstandort begonnen, sagen Stefan Schuh und Karsten Steil-Wilke. Bei immer weniger Kindern aus dem Stadtteil habe der Grundschule das Aus gedroht, doch dem sei mit besonderen pädagogischen Angeboten und Ganztagsbetrieb entgegengesteuert worden. "Viele unserer Kinder kommen inzwischen aus der Eifel und wir haben sogar Anfragen aus Saarburg. Der Schulstandort ist gesichert. Nun geht es um die Frage, wie weit die Schule und ihre Elternschaft die Dorfgemeinschaft unterstützen kann", sagt Rektorin Isabell Baumhödder, selbst Mitglied des Kreises.

Doch außerhalb des Schulgeländes beginnt ein anderes Biewer. Das zeigt sich nicht nur in geschlossenen Ladengeschäften, sondern ist auch ein gesellschaftliches Phänomen. Ein Indikator ist der Zustand der Vereine. Das bringt der TSG-Vorsitzende Otmar Cartarius, Mitglied des Ortsbeirats, drastisch auf den Punkt: "Zu seinen Glanzzeiten hatten der TSG 800 Mitglieder, heute sind es noch rund 500. Manchmal fühle ich mich wie ein Insolvenzverwalter." Fünf Vereine gebe es noch im Ort. Und alle kämpften mit Nachwuchsproblemen. "Da stellt sich doch die Frage, ob die Struktur eines Vereins noch zeitgemäß ist und wie man sie anpassen könnte", sagt Cartarius. Die Gruppe nennt noch ein weiteres Problem, das sich aus der geografischen Lage des Stadtteils ergibt: Biewer hat keinen Platz für ein Neubaugebiet. Ein Nachteil gegenüber Nachbarorten wie etwa Schweich, Föhren oder Hetzerath. Cartarius: "Junge Familien wollen nicht in die alten Ortskerne ziehen, sondern sich in Neubauten auf der grünen Wiese nach ihren Vorstellungen einrichten. Und da müssen wir passen."

Was lässt sich tun? Welche Bedürfnisse haben die Bewohner? Gibt es Ansatzpunkte für gemeinsame Aktivitäten? Der Initiativkreis arbeitet derzeit an einer Bedarfsanalyse, die eine Grundlage für spätere Maßnahmen bilden soll. Dazu müssen zunächst Stimmung und Situation im Ort beleuchtet werden.

Der selbst entwickelte "Prototyp" eines Fragebogens an alle Biewerer liegt auf dem Tisch. Der sei noch zu wenig nutzerfreundlich, zu unübersichtlich und müsse noch umgestaltet werden, erklären Stefan Schuh und Karsten Steil-Wilke. Im Herbst sollen die Fragebögen verteilt werden. Auch mobile Gesprächsstände sind dazu an verschiedenen Stellen geplant, denn "das Hauptaugenmerk" liegt auf dem Dialog. Man hofft, bis Ende Januar alles ausgewertet zu haben und dann gezielt mit der eigentlichen Arbeit beginnen zu können.

Meinung: Nur Jammern ist keine Lösung

Sicher erkennen viele Bewohner von Biewer die Missstände im Stadtteil. Doch einmal laut dagegen klagen und dann schulterzuckend weitergehen nach dem Motto "ich kann hier sowieso nichts tun", ist keine Lösung. So sehen es auch die Leute vom Initiativkreis. Auch wenn trotz des großen Engagements keine Wunder zu erwarten sind. Die Sparkasse wird nicht zurückkehren und die geschlossen Geschäfte bleiben voraussichtlich geschlossen. Doch vielleicht gelingt es dem Kreis, wenigstens einen Teil der Biewerer zu mobilisieren, es könnten sich auch Splittergruppen mit verschiedenen Aktivitäten bilden. Kampf dem Phlegma! Was Biewer zunächst braucht, ist ein Art neues Wir-Gefühl. trier@volksfreund.deExtra: Der Fragebogen des Initiativkreises

Im Fragebogen des Initiativkreises sollen die Biewerer eine Einschätzung ihres Lebensumfelds geben. Das betrifft einerseits das äußere Ortsbild und den Straßenzustand. Gefragt wird auch nach Freizeitangeboten für verschiedene Altersklassen, Wohnraumangebot, die örtliche Arbeitsplatzsituation, die Sicherheit vor Kriminalität, Verkehrsanbindung und ob es in Biewer so etwas wie ein Gemeinschaftsgefühl gibt.

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