Ins Sommerloch genagelt

TRIER. Der Passant rätselt: "Was will mir dieses Ding sagen?" Die Antwort: Nichts. Noch nichts. Denn bei den frisch in der Trierer City aufgestellten seltsamen Objekten handelt es sich um Informationssäulen, die erst ab Mitte kommender Woche plakatiert werden. Ihr Name: Kultur-Nägel.

Breitenstein, Viehmarktstraße, Stresemannstraße, Pferdemarkt, Treviris-Passage, Domfreihof, Tuchfabrik und Nikolaus-Koch-Platz/Böhmerstraße: Seit wenigen Tagen stehen die rund zweieinhalb Meter hohen Gebilde aus Stahl und Aluminium an exponierten Stellen in der Innenstadt - und stiften Verwirrung, weil sich ihr Sinn nicht recht erschließen will. "Das wird sich ab Mitte kommender Woche ändern", verspricht Irmgard Weinig von der Trierer Gesellschaft für Stadtmöblierung mbH (TGS). Einweihungs-Promis noch in Urlaub

Die TGS zeichnet für die Aufstellung der so genannten Kultur-Nägel verantwortlich. "Sie ersetzen die früheren Kultursäulen. Ab kommender Woche werden sie plakatiert und dann ihren Zweck erfüllen", kündigt die TGS-Frau an. Die Stadt Trier hat mit den Kultur-Nägeln nur indirekt zu tun. Sie hat der TGS (Gesellschafter: Süpla Städte- und Gemeindewerbung GmbH und Ströer Deutsche Städte-Medien GmbH) die Stadtmöblierung auf öffentlichen Flächen übertragen. Die TGS besitzt damit das Exklusiv-Recht der gewerblichen Außenwerbung im Trierer Straßenraum und betreibt Litfasssäulen, Werbetafeln, Schaukästen und Buswartehallen mit Werbevitrinen. Die Stadt kassiert dafür einen jährlichen Pachtanteil von rund 170 000 Euro und kann sich die Möblierungs-Elemente aussuchen. Für die Kultur-Nägel entschied sich der Stadtrat bereits 2001 bei einer öffentlichen Präsentation auf dem Viehmarkt. 4000 Euro kostet jedes der von einer Schweizer Firma gefertigten Designerstücke. Die Rechnung zahlt - wie auch Montage und Betriebskosten - die TGS. Bisher gehen die Meinungen über die leicht geneigten, drehbaren Werbeträger auseinander. Karin Kaltenkirchen, Geschäftsführerin des Modehauses Marx, mochte sich zuerst gar nicht mit dem frisch am Breitenstein aufgestellten Kultur-Nagel anfreunden. "Ich habe mich gefragt, was dieser Oschi soll, der die Sicht auf unsere Schaufenster nimmt. Ein Urteil bilde ich mir erst, wenn ich sehe, was draus wird." Sehr positiv fällt das Urteil von Prälat Franz-Josef Gebert aus. Der Chef des Diözesan-Caritasverbandes wohnt in einem Kuriengebäude am Domfreihof und ebenfalls in Nachbarschaft zu einem Kultur-Nagel. "Ich dachte erst, da sei versehentlich etwas von den Bistums-Begegnungstagen stehen geblieben. Aber als Werbesäule finde ich es sehr gelungen. Und viel pfiffiger als die herkömmlichen Tonnen", sagt er, vom TV über den Sinn und Zweck aufgeklärt. Karin Kaltenkirchen bedauert, dass sie bisher nicht offiziell informiert worden ist, was es mit "dem Ding" auf sich hat. Das liege, so wird im Rathaus und bei der TGS bedauert, auch an der Urlaubszeit. Mangels Verfügbarkeit von Verantwortlichen und Würdenträgern gibt es noch keinen offiziellen Einweihungstermin für die Kultur-Nägel. So wird die Erstplakatierung kommende Woche geräuschlos über die Bühne gehen. Es bleibt beim selben Prozedere wie früher bei den Kultursäulen: Welche Aushänger eine TGS-Auftragsfirma auf den neuen "Nagel" anbringt, entscheidet das städtische Kulturbüro. Kultur-Nagel-tauglich sind Plakate gemeinnütziger Trierer Vereine, die Konzerte, Ausstellungen, Vorträge oder Theateraufführungen veranstalten. Die unflätigen handschriftlichen Parolen, die zurzeit den Kultur-Nagel an der Stresemannstraße verunzieren, sind sicher nicht im Sinne des Erfinders. Zu den bisherigen acht sollen noch zwei weitere "Nägel"-Standorte kommen: am Regionalbahn-Haltepunkt in Ehrang sowie nach Abschluss der Simeonstift-Bauarbeiten 2006/07 am Simeonstiftplatz.

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