Intensive Betreuung der Studenten verdrängt Forschung

TRIER. (ae) Im Zuge der Einführung von Bachelor- und Masterabschlüssen an der Universität Trier wird auf Hochtouren an der Neugestaltung des Lehrangebots gearbeitet.

Die neuen Abschlüsse werden als Chance begriffen, Praxisorientierung, Interdisziplinarität und Profilschärfe auszubauen. Sorgen bereiten die Betreuungsrelation und mögliche Einschränkungen in der Forschung. Um die Vermittlung von berufsqualifizierendem Wissen in nur sechs Semestern bis zum neuen Regelstudienabschluss Bachelor gewährleisten zu können, wird das Studienangebot in Modul-Bausteine gegliedert. Dabei wird in manchen Bereichen die alte Aufteilung in Haupt- und Nebenfächer zugunsten einer neuen Kernfachstruktur aufgegeben, zum Beispiel in den Geowissenschaften. Dessen Bologna-Koordinator Professor Jürgen Bollmann erklärt: "Kernfachstruktur bedeutet, dass sich traditionelle Fächer zusammentun und einen Pool von Modulen mit Wahlpflichtbereich bilden." Strebe ein Student beispielsweise das Berufsziel Verarbeitung umweltbezogener Daten und Informationen an, könne er im Wahlpflichtbereich gezielt ein Modul aus der Informatik wählen. Das dort gewonnene Wissen biete ihm auch die Möglichkeit, in einem Master mit anderem Schwerpunkt weiterzustudieren. "Die Wahlpflichtmodule werden mehrfach angeboten." Die Altertumswissenschaften beispielsweise arbeiteten an einem gemeinsamen Angebot zu antiken Sprachen und Kulturen, sagt Sonja Schwarz vom Bologna-Büro der Uni Trier. Doch Schwierigkeiten bereitet die Frage des Praxisbezugs: "Wir sind zum ersten Mal gezwungen, uns konkret an Berufsfeldern zu orientieren. Das ist in Medienwissenschaften vielleicht klar, aber in Anglistik?" Vielfach werde deshalb auf die breite Vermittlung von Schlüsselqualifikationen wie etwa Projektmanagement oder Umgang mit virtueller Informationsbeschaffung mit der neuen Lehrform E-Learning gesetzt. Wie auch immer ausgerichtet, das gestraffte Studium ist betreuungsintensiv. Jedes der mehrteiligen Module schließt mit Prüfungen ab. "Man rechnet mit mindestens 25 Prozent Mehrbelastung für die Dozenten, mal ganz abgesehen vom Verwaltungsaufwand", sagt Sonja Schwarz. Die Betreuungsrelation ist eine der Hauptsorgen von Uni-Präsident Peter Schwenkmezger: "Wie sollen wir dem gestiegenen Aufwand bei Vorgabe der Ressourcenneutralität gerecht werden? Mit gleich bleibender finanzieller Ausstattung und Anzahl an Stellen können wir bestenfalls die Studierendenzahlen halten." Zwar wird offiziell noch nicht davon ausgegangen, dass es aufgrund von Kapazitätsengpässen zu Zulassungsbeschränkungen kommt, doch Mitarbeiter der Bologna-Büros halten Vermutungen in diese Richtung für realistisch. Ganz sicher zahle die Forschung im Sinne Humboldts den Preis für die betreuungsintensive Lehre, sagt Professor Bollmann: "Den Luxus, Forschungsperspektiven in experimenteller Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaften zu entwickeln, können wir uns dann nicht mehr leisten."

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