Ja, wo ist denn hier ein Penis? Graffiti an Trierer Theaterwand erregt die Gemüter

Trier. · Es gibt Dinge, die man im Trierer Stadtbild nicht unbedingt erwarten würde. Zum Beispiel einen Penis. Deshalb erschrak eine Spaziergängerin, als sie ein solches Bildnis sah – an der Wand des Trierer Theaters. Intendant Karl Sibelius steht zu dem neuen Graffiti. „Der Penis bleibt, denn ihm verdankt die Menschheit alles.“

 Sehen Sie ihn? Unterer Bildrand, von der Mitte aus langsam nach links wandern - dort ist er. TV-Foto: Friedemann Vetter

Sehen Sie ihn? Unterer Bildrand, von der Mitte aus langsam nach links wandern - dort ist er. TV-Foto: Friedemann Vetter


Es war einmal eine große graue Wand. Sie passte gut in ihre direkte Umgebung, denn der Augustinerhof in der Trierer City mit dem Rathaus, dem Theater und dem Humboldtgymnasium ist ein kleines Zentrum der großen grauen Wände. Doch dann fing das Theater an, sich selbst neu zu erfinden, und wollte eine seiner grauen Wände zu einem Kunstwerk machen. Es engagierte zwei Trierer Graffiti-Künstler. Und die beiden malten einen Penis. Unter anderem.

Man sieht ihn nicht sofort. Die Wand ist bunt und trägt viele Elemente, die zentrale Botschaft lautet "Refugees welcome" (Flüchtlinge willkommen). Man könnte minutenlang davorstehen und viele Details bewundern, ohne ihn bewusst wahrzunehmen. Doch wenn man ihn dann mal gesehen hat, ist ein weiteres Ignorieren unmöglich. Tatsächlich: Es ist ein Penis. Unterer Bildrand Mitte links neben dem krummen Skateboard.

Eine Spaziergängerin sah das "Mini-Penis-chen" (so nennt ihn Operndirektorin Katharina John) und meldete den Frevel im Rathaus. Im Theater blieb man cool und verloste auf Facebook Karten für Fidelio für den ersten, der das Objekt des Anstoßes identifiziert. Die Karten waren ruckzuck weg. Ausgerechnet für Fidelio, das Skandalstück mit Nackt- und Folterszenen und einem künstlichen Penis.

Die Graffiti-Wand ist das Werk junger Künstler aus Trier. Sven Gutsmann, David Schmitz, Künstlername True, und Jeremy, Künstlername Mage, haben die zur Karl-Marx-Straße zeigende Theaterwand erschaffen. Der Penis, daran kann es überhaupt keinen Zweifel geben, war volle Absicht. Intendant Karl Sibelius weiß das und steht mit Überzeugung hinter den Künstlern und ihrem Bild. "Der Penis bleibt", sagt er. "Denn ihm verdankt die Menschheit alles."

Sibelius stellt sich dem Thema mit Humor und Konsequenz. Den Penis entfernen? Undenkbar. "Da gäbe es dann in Trier noch andere Objekte, die man bereinigen müsste", sagt er und meint damit den Petrusbrunnen am Hauptmarkt. Und das völlig zurecht, denn dieser Brunnen zeigt mehrere Affen, die im Hintergrund sehr unartige Dinge veranstalten.

"Ich habe von diesen Teilen schon einige zu Gesicht bekommen", sagt Sibelius. "In diesem Fall tippe ich eher auf einen lange nicht gewässerten Kaktus, ich meine darin eine cactea non errigata aus der Wüste Gobi zu erkennen." Mit anderen Worten: Liebe Leute, bitte nehmt doch nicht alles so bürokratisch-bitterernst.

Doch was sagen die Künstler? David Schmitz stellt sich und erklärt die Intention: "Der Penis steht als Symbol für die Sexualität im westlichen Teil der Welt, die viel freier und offener ist als in den Herkunftsländern der Flüchtlinge. Manchmal ist sie sogar zu offen."

Zu offen - auch für Trier? Das Fazit des Intendanten Karl Sibelius ist jedenfalls eine volle Breitseite: "Und jetzt wenden wir uns alle wieder den wirklich wichtigen Dingen zu: Sex, Drugs and Rock'n'Roll oder im Falle von Trier: Laktoseintoleranz, Veganismus und Helene Fischer."

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