Jazz ist besser als Joggen

TRIER. (mew) Fonleichnams-Frühschoppen – klingt nach getränke-gestützter Erholung, nach Prozession, Blumenaltar und Weihrauchwehen. Der Jazzclub Trier setzte auf Musik und veranstaltete auf der Textorium-Terrasse einen Brunch mit der Band "Saxomania". Ähnlich heiß wie das Wetter waren die Rhythmen der elf Musiker.

Ein freundliches Winken zum Nachbartisch - man kennt sich in der Branche. Nicht, dass Jazzfreunde rar gesät wären, aber das Publikum an diesem Morgen doch eher aus einer Altersklasse. Klar, dass man das ein oder andere Gesicht schon gesehen hat. "Es sind einige Bekannte und Freunde da, aber auch Leute, die mal zufällig irgendwo zugehört haben und dann sogar extra zu einem solchen Termin kommen und zahlen, um uns zu sehen", freut sich Stefan Spies. Der Mann hinter den Drums ist im doppelten Sinne schlagfertig: Seine Soli prasseln wie ein warmer Sommerregen auf das Publikum ein und lassen einen ebenso wohligen Schauer den Rücken hinunterlaufen. Sein Mundwerk ist auch nicht minder begabt. In sympathisch-launigem Ton moderiert er die musikalische Matinee. Da muss man dem ehemaligen Deutschlehrer der Truppe fast dankbar für seinen Abschied aus dem Ensemble sein, hat er doch so dazu beigetragen, dass der junge Jurastudent nun die Moderation übernommen hat. "Wir haben halt überlegt, wer eine große Klappe hat und da war schnell klar, das ich das mache", lacht dieser. Spies - ein Name mit dem man im Ensemble fast eine 50-prozentige Trefferquote hat. Fast fünfmal ist der Name vertreten: Neben dem Filius Stefan kümmert sich Papa Gert um die Leitung der Truppe, Mama Christine spielt Tenorsaxofon und Schwester Silke sitzt am Piano. Eine beinahe logische Konsequenz, dass auch Frau Spies in spe - Tanja Scheuermann - Saxomania-Mitglied ist. Sie geben alles, zaubern mit ihren Musikinstrumenten Würmer in die Ohren, bringen ihre Zuhörer zum Sitz-Swing im Stuhl und legen sich derart ins Zeug, dass sie zum Handtuch greifen müssen, um dem Schweiß Einhalt zu gebieten. Dass Jazz so anstrengend sein kann wie Joggen, hätte man nicht unbedingt vermutet. Dass es ungleich unterhaltsamer ist als eine Laufrunde, erscheint da schon logischer. Ein Höhepunkt ist der Benny-Goodmann-Klassiker "Sing, sing, sing", dessen Saxofon- und Schlagzeug-Soli für reichlich spontanen Szenenapplaus sorgen. "Wir wissen, dass das Stück immer wieder gut ankommt, deswegen spielen wir es auch immer wieder gerne", so Stefan Spies. Auch die Ensemblemitglieder profitieren von den Allein-Einlagen ihrer Kollegen. Da stimmt jeder Einsatz, jede Note. "Saxomania" praktiziert ein derart perfektes Zusammenspiel, wie es sich Bundestrainer Jürgen Klinsmann nur erträumen kann.

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