"Jedes Kind kann hören lernen"

TRIER. Die Wilhelm-Hubert-Cüppers-Schule für Gehörlose und Schwerhörige ist 125 Jahre alt. Am Tag vor den Herbstferien wurde dies standesgemäß mit einem Festakt gefeiert.

Die Turnhalle der Cüppers-Schule war voll: Schüler, Eltern, Personal und Gäste hatten sich zum Festakt versammelt, denn die Landesschule für Gehörlose und Schwerhörige wird 125 Jahre alt. Im Jahr 1897 war sie als "Provinzial Taubstummenanstalt" von Wilhelm Hubert Cüppers gegründet worden. Die Halle war für das Fest vorbereitet: an Pinnwänden hingen Bilder von Schülern zum Thema "Ohr": Motive wie "einen Ohrwurm haben" oder "die Ohren auf Durchzug stellen" waren dargestellt. Auf einem Plakat zum Thema Frühförderung hörgeschädigter Kinder stand: "Jedes Kind kann Hören lernen." Ziel und Wunsch von Eltern und Lehrern.Tanz, Theater und ein Chor

"Diese Einrichtung ist ein bunter Tupfer in der grauen Schullandschaft. Hier werden optimale Arbeits- und Lernbedingungen geboten", sagte Werner Keggenhoff, Präsident des Schulträgers, dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung. Astrid Lang, Vertreterin des Landesministeriums für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit, hob das große Angebot der Schule hervor: "Es gibt die Schule für Gehörlose, die Schule für Schwerhörige, die Abteilung mit dem Förderschwerpunkt ganzheitliche Entwicklung und die Realschule für Schwerhörige - die einzige in ganz Rheinland-Pfalz." Die Schüler gestalteten den Festakt mit: Eine Gruppe tanzte "Lord of the Dance", andere präsentierten eine bunte und komische Szene mit dem Titel "Karneval der Tiere". Viel Applaus bekam die Theatergruppe für ihre Kästner-Revue. "Ich hätte mir das vor einigen Jahren nicht träumen lassen: wir haben einen Chor", sagte Alfons Zimmer, stellvertretender Schulleiter. Die Kinder singen - ein besonderer Erfolg. Die Landesärztin für hör-, stimm- und sprachbehinderte Menschen, Annerose Keilmann, sprach im Festvortrag zum Thema "Hörentwicklung und Hören lernen". "Schon drei Wochen nach der Befruchtung entwickelt sich beim Embryo das Innenohr. Kommt das Kind auf die Welt, hört es, nur die Verarbeitung des Gehörten braucht noch Jahre Zeit." Je später die Diagnose Hörschäden gestellt werde, desto stärker seien die Auswirkungen auf Schul- und Berufslaufbahn. Vor allem die Wortschatzentwicklung leide darunter. Früherkennung stehe also im Mittelpunkt des ärztlichen Bemühens: "Schon ab einem Alter von drei Monaten beginnt die Frühförderung und der Einsatz von Hörhilfen." Die erlaubten stark hörgeschädigten Kindern, akustische Reize hören zu lernen. Zum Schluss sprach Schulleiter Klaus Gilles: "Etwas haben wir noch auf unserem Wunschzettel stehen: Das Neugeborenenhörscreening sollte zur Regel werden." Denn: "Der Knackpunkt in der Hörgeschädigtenpädagogik ist der Zeitpunkt der Erfassung. Jeder Tag zählt." Dieses Stichwort galt nach dem Fest auch für die 164 Schüler der Cüppers-Schule: Sie haben jetzt Herbstferien. Und da zählt auch jeder Tag.

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