Jensen: Keiner muss im Freien übernachten

Einen Monat vor Beginn des Wintersemesters sind alle Wohnanlagen des Studierendenwerks ausgebucht. Doch die Nachfrage ist weiterhin immens. In einer ungewöhnlichen Aktion appellierte OB Klaus Jensen gestern auf dem Hauptmarkt an die Trierer: "Stellen Sie Zimmer für Studierende zur Verfügung!"

Trier. Da sind sich das Studierendenwerk Trier (SWT) und die Studierenden-Ausschüsse von Uni und Fachhochschule ausnahmsweise völlig einig: "So schlimm war es noch nie." Knapp 1600 "Wohneinheiten" (Wohnungen, Appartements, Zimmer) in sechs Wohnanlagen bietet das SWT an. Einen Monat vor Wintersemester-Start sind alle vermietet, doch die Nachfrage steigt weiterhin.

Frühstücke und Partys zum Kennenlernen

 Werben gemeinsam auf dem Hauptmarkt (von links): Tim Lösch (Uni-Asta), Sascha Pelzer (FH-Asta), OB Klaus Jensen und Aron Beckmann (Produktion e.V). Kleines Foto: Plakate weisen auf die Wohnraum-Börsen im Palais Walderdorff hin. TV-Fotos (2): Roland Morgen

Werben gemeinsam auf dem Hauptmarkt (von links): Tim Lösch (Uni-Asta), Sascha Pelzer (FH-Asta), OB Klaus Jensen und Aron Beckmann (Produktion e.V). Kleines Foto: Plakate weisen auf die Wohnraum-Börsen im Palais Walderdorff hin. TV-Fotos (2): Roland Morgen



"Wir haben es mit einem Andrang unerwarteten und ungekannten Ausmaßes zu tun", berichtet SWT-Chef Andreas Wagner und zeigt sich froh, dass der Produktion e. V. die Initiative ergriffen und alle mit dem Werben um zusätzlichen Wohnraum befassten Institutionen am Donnerstagmittag zu einer öffentlichkeitswirksamen Aktion auf dem Hauptmarkt zusammengetrommelt hat. Der Hingucker: OB Klaus Jensen inmitten von Studi-Buden-Utensilien und quasi "ohne Dach über dem Kopf". Dieses Horror-Szenario soll den Tausenden jungen Leuten, die im Oktober ihr Studium in Trier aufnehmen, möglichst erspart bleiben.

Derzeit sieht es allerdings noch sehr dramatisch aus. 146 private "Buden" konnte das SWT im August vermitteln. In der ersten September-Hälfte waren es bereits 159. Und schon wird's eng. Wagner: "Am Donnerstagmorgen hatten wir nur noch 40 Unterkünfte im Angebot. Die liegen allerdings außerhalb von Trier." Seine Bitte: "freien Wohnraum an die SWT-Privatzimmer-Vermittlung melden." Die ist erreichbar über Telefon 0651/201-3550; außerhalb der Bürozeiten zeichnet ein Anrufbeantworter die Angebote auf. Weitere Infos im Internet unter www.studibu.de

Der Produktion e. V., sonst eher gastronomisch und mit Feten-Angeboten um das Wohl von Studierenden bemüht, bietet in seinen Einrichtungen im Palais Walderdorff Wohnraum-Frühstücke und Partys an, "auf denen sich potenzielle Vermieter und Mitbewohner zwanglos und sicher besser kennen lernen können als auf kurzen Besichtigungstermin", sagt Vorstandsmitglied Aron Beckmann.

OB Jensen glaubt, dass es noch reichlich ungenutzten Wohnraum gibt, und appelliert an die Trierer, Zimmer für Studierende zur Verfügung zu stellen. "Das ist nicht nur eine Einnahmequelle, sondern auch eine gute Möglichkeit, interessante junge Menschen kennenzulernen, und zudem ein guter Dienst im Interesse Triers: Wir wollen unser gutes Image als Hochschulstadt wahren."

Und was ist, wenn die Appelle nicht fruchten? Gibt es Notpläne im Rathaus? "Nein, die haben wir noch nicht. Aber wir werden gegebenenfalls dafür sorgen, dass niemand die Nächte im Freien verbringen muss", verspricht Jensen.

Meinung

Mehr als nur Miete(r)

Ob es am erleichterten Zugang zur Uni Trier (Numerus-Clausus-Abschaffung in einigen Fächern) oder am gebührenfreien Studieren in Rheinland-Pfalz liegt, weiß keiner so recht. Fakt ist aber: Trier steuert auf eine neue Rekordzahl hin. 18 000 Studierende (14 000 an der Uni, 4000 an der FH) waren es im vergangenen Sommersemester, im bevorstehenden Wintersemester könnten es an die 19 000 sein, und die meisten der "Neuen" kommen von weit außerhalb. Gut für Trier, das sein internationales Flair zu einem nicht geringen Teil den renommierten Hochschulen verdankt! Zudem bringen mehr Studenten auch mehr Umsatz. OB Jensen liegt richtig mit seiner Annahme, dass es noch genug Potenzial gibt. So sind bei vielen Familien "die Kinder aus dem Haus" und deren Zimmer verwaist. Nicht wenige Witwen leben allein auf 100 und mehr Quadratmetern. Deshalb zielt die konzertierte Aktion von Studi-Werk, Studierenden-Ausschüssen und Produktion e. V. in die richtige Richtung. Studenten bringen nicht nur Miete. Sie können auch das Leben bereichern. r.morgen@volksfreund.de

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