Johannas Laden im Wagen

KÜRENZ. Eine Mischung aus Marktstand und Hofladen: Seit vier Jahren bietet Johanna Pfeil an der Ecke Domänen-/Avelsbacher Straße frische Waren an und schließt damit eine Lücke in der Infrastruktur von Alt-Kürenz.

Genüsslich spitzt Manfred Steinstraß die Lippen, prüft kennerhaft den schmackhaften Trunk in seinem Mund. Der Irscher scheint zufrieden, ordert drei Liter des Pfälzer Federweißens und lässt sich den stoffwechselfördernden Saft in einen Kanister füllen. Flüssignahrung zählt zu Johanna Pfeils Standard-Sortiment. Ob Wein oder naturtrübe Säfte, Quittenbrand oder Sonnenblumenöl - der umgebaute Bierwagen hat es in sich. Seit vier Jahren betreibt die gebürtige Karlsruherin, die seit mehr als 40 Jahren in Kürenz lebt, ihr etwas anderes Lebensmittelgeschäft. An der Ecke Domänenstraße/Avelsbacher Talstraße gelegen, hat sie an sechs Tagen in der Woche geöffnet und zählt inzwischen zahlreiche Stammkunden.Saisongeschäft von April bis Oktober

"Ich habe einfach versucht, sehr gute Ware auf einen Punkt zu bringen", beschreibt sie ihre Geschäftsidee. Das klingt nicht sonderlich originell und würde so wohl jeder Einzelhändler von sich behaupten. Doch was Johanna Pfeils Bierwagen-Laden ausmacht, ist die Einkaufspolitik der Chefin. Jeden Donnerstag tingelt sie durch Stadt und Land, klappert Bauernhöfe im Hunsrück ebenso ab wie in Eifel und Pfalz. Dann führt die Tochter die Geschäfte vor Ort in Kürenz, bis die Mutter am späten Abend in ihrem Auto samt Anhänger frisches Obst und Gemüse herankarrt. Die Idee dazu kam Johanna Pfeil, als sie noch mit Textilien auf Verkaufstour ging und dabei unterschiedlichste Bauernhöfe besuchte. "Da hab' ich mir immer was von den frischen Sachen mitgebracht", berichtet sie von ihren Shoppingtrips. Marmelade aus Wintersdorf, süßer Viez aus Welschbillig oder Honig aus dem eigenen Stadtteil - Hauptsache, die Ware ist hausgemacht. Dass Johanna Pfeil weiß, wo ihre Waren herkommen, wissen offenbar auch die Kunden zu schätzen. Viele Kürenzer kaufen bei ihr ein, doch auch aus anderen Teilen der Stadt wird ihr Angebot nachgefragt. "Hiesige Bohnen, hiesige Tomaten, hiesige Zucchini" - "hiesig" ist so ein Lieblingswort von Johanna Pfeil. "Regional verwurzelt statt international verzweigt" könnte ihre Werbebotschaft lauten. Ob Pfälzer Saumagen oder Wurst aus der Eifel - geboten wird, was aus der Umgebung kommt. "Vor allem ältere Menschen sind froh, dass ich den Laden habe", berichtet Johanna Pfeil. Das bestätigt auch eine Kundin, die sich gerade mit frischen Birnen eindeckt: "Eine gute Gelegenheit" sei das, da müsse man "nicht bis zum Viehmarkt in die Stadt fahren, um frisches Obst und Gemüse zu bekommen", lobt sie. Tatsächlich bietet der Laden im Wagen das einzige größere Lebensmittel-Sortiment in Alt-Kürenz. Zwei Bäckereien und eine Metzgerei komplettieren das Angebot. Doch im Winter spitzt sich die Nahversorgungs-Situation wieder zu, denn Johanna Pfeil betreibt ein Saisongeschäft. Überwinterte sie anfangs noch mit ihrem Wagenladen, öffnet sie jetzt nur noch zwischen April und Oktober. "Ab November lohnt es sich nicht mehr zu öffnen", weiß sie aus Erfahrung. Johanna Pfeils Preise werden derweil am Markt gebildet, genauer gesagt, auf dem Viehmarkt:. "Da fahr' ich jede Woche einmal hin und schau, was die so verlangen. Und dann orientiere ich meine Preise an denen." Ein Konzept, das offenbar aufgeht. Nicht, dass die 54-Jährige von Laufkundschaft überrannt würde, doch immer mehr automobile Passanten machen auf ihrem Weg von den Höhenstadtteilen in die City Halt bei Johanna: Fahrkundschaft eben. "Ich bin froh über jeden Kunden, der kommt", sagt sie. Diese Zufriedenheit strahlt die Frau aus, die mit Vorliebe Dirndl trägt: "Hier gibt es immer schöne frische Ware und eine freundliche Bedienung", lobt auch Manfred Steinstraß und freut sich auf seinen Federweißen zum Döbbelappes.

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