Jubel ohne Wunder

TRIER. Als hätten Triers Sozialdemokraten es geahnt: Ein Resultat, das nicht Fisch noch Fleisch ist – da feiert man die Nach-der-Wahl-Party am besten gleich in einem Käse-Restaurant. Trotz Karl Dillers Direktmandats-Verlust überwogen die positiven Reaktionen in der "Käsefalle". Tenor: Es hätte schlimmer kommen können.

Es hat schon traurigere SPD-Feten geben: "Hahaha!", schallt es im Chor, als Parteichef Franz Müntefering um 18.32 Uhr via vier Kneipen-Bildschirmen von einem "schönen Ergebnis" und einem "Riesenerfolg" der Sozialdemokraten spricht. Da ist das Publikum in der "Käsefalle" noch sehr übersichtlich. Das Gros der Genossinnen und Genossen schwitzt noch in den Wahllokalen. Erst nach Auszählung der Stimmen füllt sich das Lokal in der Karl-Marx-Straße. Da ist die erste große Jubelorgie schon verklungen. 19.30 Uhr war es, als Kanzler Gerhard Schröder "eine stabile Regierung unter meiner Führung" angekündigt hat. Hurra, hurra. Aber für bare Münze nimmt das offenbar niemand. "Sieht fast so aus, als wollte sich da jemand einen grandiosen Abgang verschaffen", lästert Karl-Marx-Haus-Leiterin Beatrix Bouvier.Regina Bux leistet kurz vor 20 Uhr einen Galgenhumor-freien Beitrag zur Stimmungs-Steigerung. "In Trier liegt Karl Diller vorn", berichtet die frisch angekommene Stadträtin von einem Auszählungs-Zwischenstand. Ihr Fraktionschef Friedel Jaeger traut dem Braten nicht so ganz: "Ich habe auf dem Weg nach hier viele Bekannte mit langen Gesichtern gesehen."

Verlierer Diller wird gefeiert

Bettina Dreher von der Höhenstadtteile-SPD beschäftigt sich derweil mit FDP-Chef Guido Westerwelle: "Schwätz' Du nur. Morgen erzählst Du was anderes", kommentiert sie sein kategorisches Ausschließen einer Ampel-Koalition in der ARD-Elefantenrunde.

CDU-Kanzlerkandidatin Angela Merkel genießt immerhin weibliche Solidarität über Parteigrenzen hinweg. "Die Frau tut mir leid - ganz im Ernst", meint die Ruwererin Claudia Jaskowski. Beatrix Bouvier stimmt zu: "Die wird jetzt verheizt von ihren Parteifürsten."

Ober-Juso Christian Z. Schmitz treibt seine Handy-Rechnung in die Höhe. Trost für den Aufwand: "Rot-Grün ist weiter vorn in Trier", ruft er in die Runde. Die ist jetzt stark mit Prominenz angereichert. Die Partei-Vorsitzende Malu Dreyer ist da, kurz darauf erscheint ihr Mann und OB-Kandidat Klaus Jensen. Was von den positiver werdenden Hochrechnungs-Ergebnissen zu halten sei? Schulterzucken. "Das bringt uns alles nicht so recht weiter. Es wird wohl noch Tage dauern, bis wir endlich schlauer sind", ahnt die Vize-Vorsitzende Begoña Hermann. Sven Teuber, Vorsitzender des Ortsvereins Trier-Süd, hält seine Nebenleute bei guter Laune, bejubelt jedes Statement der Schröders, Müntes und Becks: "Bei diesem Resultat darf man vor allen eines nicht: den Humor verlieren."

Gegen 21 Uhr macht das aus Trierer Sicht spannendste Ergebnis die Runde: Diller ist mit der "Mission Wunder-Wiederholung" gescheitert und hat den Direktmandats-Hattrick verfehlt. Als der Noch-Finanzstaatssekretär eine halbe Stunde später bei der Wahlparty auftaucht, wird er dennoch gefeiert wie ein großer Gewinner.

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