Kampf um die Punkte, Kampf um die Zapfanlage

LEIWEN. Der Klassiker zwischen Deutschland und Holland hat die Massen elektrisiert. Besonders interessant war es vor allem da, wo Schwarz/Rot/Gold- und Oranje-Fans gemeinsame das Spiel verfolgten. So geschehen in vielen Kneipen und auf vielen Campingplätzen in der Region - auch im Leiwener "Eurostrand".

So schnell kann's gehen. Mal eben schnell am feinen Riesling genippt, deswegen kurz weggeschaut und schon fährt einem der Schreck durch alle Glieder. "Wat?", springt Will van der Kammen auf, als sie auf die große Leinwand blickt, "twe nol für Deutschland?" Nein, keine Angst. Ist nur die Wiederholung des 1:0, weil Torschütze Torsten Frings gerade ausgewechselt wird. Aber warum überhaupt so ängstlich, Frau van der Kammen? Die ganze Zeit haben Sie doch den Einsatz von Pierre van Hooijdonk gefordert, allein sein Herumgewabbele beim Warmmachen hat Sie doch zu lauten "Ja, ja, ja"-Rufen animiert - und jetzt steht er auf dem Platz und soll für den holländischen Ausgleich sorgen. Da können Sie doch ganz beruhigt sein. Halten Sie sich doch an Marinus val Eldik am Nebentisch. "Holland ist technisch besser, deswegen gewinnen wir noch", glaubt er. Vom Anpfiff an ist für die Holländer ohnehin Wohlfühlen angesagt. Denn der "Eurostrand" ist in Oranje-Hand. Die Farbe der Tischdecken im Speisesaal? Orange. Die Farbe der Häuser, in der viele der holländischen Gäste wohnen? Orange. Und dann marschiert der im ersten Abschnitt noch in Zivil das Spiel verfolgende Gys Groeneveld zur zweiten Halbzeit selbstbewusst in den Raum: mit Oranje-Trikot, Oranje-Mütze und Oranje-Fahne. "Jetzt geijts loos", brüllt er und erntet dafür von den anwesenden Landsleuten einen ordentlichen Applaus. Ein bisschen holländisches Heimatgefühl an der Mosel, denn zu Hause in Amsterdam oder Eindhoven oder der Trierer Partnerstadt s'Hertogenbosch, aus dessen Nähe die van der Kammens, Groenevelds & Co. mit ihrer insgesamt 46-köpfigen Reisegruppe kommen, steht orange noch mehr im Vordergrund. "Da hängen an allen Häusern große Oranje-Fahnen, und Fans stehen vor lauter Aufregung in den Kneipen auf den Tischen", berichtet er. Groeneveld ist schon seit vielen Jahren Fußball-Fan. Freilich hat er die großen Matches der Vergangenheit gesehen. WM 74 oder EM 88. König Cruyff, Elfmeterschütze Neeskens - bei der Erinnerung an diese Namen leuchten seine Augen. Aber die gibt's nicht mehr, und wer soll es jetzt richten zu Gunsten seiner Holländer? Vielleicht der Mann mit der Nummer 16. "Ah, die Overmars", freut er sich über die Einwechslung des Linksaußen, der auch gleich für frischen Wind sorgt.Schönste Lösung für alle Beteiligten

So schnell wie erhofft "geijts" zwar nichts "loos". Aber immerhin: Die Elf von Trainer Dick Advocaat wird immer gefährlicher. Und schafft durch Ruud van Nistelrooy ja auch noch den Ausgleich. Flugs fliegen die Arme in die Höhe und eine Fahne auf die Zapfanlage. Das deutsche Bier in holländischer Hand. Oh weh. Aber immerhin findet Groenveld eine gute Lösung für den weiteren Turnierverlauf. "Wir gewinnen gegen Tschechien, Deutschland gewinnt gegen Tschechien und dann sind wir beide weiter." Abgemacht.

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