Kampfansage an die Qualmerei

TRIER. Vor der Tür des A-Gebäudes der Universität steht ein gut gefüllter Aschenbecher, um ihn herum zwölf Trierer, die an diesem Tag ihre letzte Zigarette rauchen wollen. Das ist ihr erklärtes Ziel beim Seminar "Nichtraucher in fünf Stunden", das Diplom-Psychologin Andrea Nitz-Schneider vom Berliner Trainingszentrum "Luftfabrik" in Trier anbietet.

Der Griff zum Glimmstängel geht häufig automatisch. Auch aus Langeweile, wegen Ärgers, Stress, Misserfolgs, als Belohnung, zum Kaffee oder Bier inhalieren Raucher den blauen Dunst. "Ich habe am Abend vorher noch geraucht, als ich mit mehreren Freunden zusammen war. Heute morgen stank es in der Wohnung und ich fühlte mich schlecht", erzählt Peter (53) aus Luxemburg.Raucher-Einstiegsalter: 11,9 Jahre

Lehrer ist er und als Raucher ein denkbar schlechtes Vorbild für Kinder und Jugendliche, wenn er ihnen predigt, wie ungesund und schädlich rauchen sei.

"Ich habe schon öfter versucht, aufzuhören. Das funktionierte immer für einige Wochen. Für das lange Durchhalten habe ich mich dann aber wieder mit einer Zigarette belohnt." Frei wolle er sein, ohne den Zwang, den er durch den Griff zur Zigarette verspürt, leben, sagt Peter. Als er 24 Jahre alt war, hat er zum ersten Mal an einer Fluppe gezogen, mit dem Wunsch, zur Clique an der Uni zu gehören.

"Dieses Alter ist dafür eigentlich untypisch", weiß Diplom-Psychologin Andrea Nitz-Schneider (42). "Die meisten Menschen sind in der Pubertät, zwischen zwölf und 20 Jahren. Das momentane Einstiegsalter liegt bei einem Durchschnitt von 11,9 Jahren." Erschrocken schauen sich die zwölf Trierer an, die im Halbkreis um eine riesige, mit Zigarettenschachteln gefüllten Einkaufstasche sitzen. Nein, den eigenen Kindern würden sie verbieten, so früh mit dem Rauchen anzufangen. Mit elf, zwölf Jahren sei man dafür doch viel zu jung.

Schock-Therapie und das Zeigen Ekel erregender Fotos von Raucherlungen und anderen Krankheitsbildern sind aber nicht die Methoden, mit denen Nitz-Schneider arbeitet. Im Seminar bedient sie sich vielmehr kognitiver, verhaltenstherapeutischer Ansätze, die Teilnehmer sollen sehen und verstehen, wie das Rauchen funktioniert, welche Mechanismen dahinter stecken und wie die Werbung Zigaretten-Junkies manipuliert. Sie erhalten das Handwerkszeug für die eigenverantwortliche Abstinenz vom Nikotin.

"Raucherpause", sagt die Nichtraucher-Trainerin und entlässt die Kandidaten mit einer Aufgabe. Den Rauch des ersten Zugs sollen sie für eine Zeit lang im Mund behalten und nach der ersten gleich eine zweite Zigarette anstecken. "Wie hat's geschmeckt?" "Eklig, bitter, fies", lautet die Antwort auch der Hardcore-Raucher, die bis zu 60 Zigaretten pro Tag brauchen.

Es gilt, den inneren Schweinhund zu überwinden, den die Trainer der "Luftfabrik" Günter getauft haben. "Raucher entwickeln eine eigene Logik. Aber sie können sich das Leben bei Problemen nicht schön rauchen", erklärt Nitz-Schneider. Vielmehr setzen sich Raucher unter zusätzlichen Stress. "Man will und kann aber nicht. Druck hilft dabei nicht", sagt Irmgard Heimer (61) nach fast 50-jähriger, gesundheitlich belastender Raucher-Karriere.

Die Quote der Rückfälligen liege nach begleitenden Langzeitstudien der Sporthochschule Köln und der Charité in Berlin, bei rund 60 Prozent. "Gerade in Trennungssituationen, bei Arbeitslosigkeit oder dem Tod des Partners, wenn Menschen in Melancholie und Depressionen verfallen, greifen sie leichter wieder zur Zigarette", erklärt die Trainerin. Aber auch nach dem Seminar erhalten die Aspiranten Unterstützung, zwei Aufbau-Kurse können sie kostenfrei besuchen. Wenn auch danach kein Erfolg eintritt, bekommen sie ihre Teilnehmergebühr zurück. "Aber aufzuhören ist möglich", macht Nitz-Schneider Mut. Die Psychologin ist dafür ein gutes Beispiel, denn auch sie war Raucherin, wie alle Trainer der Luftfabrik.

Nächste Seminare: 23. September, 18. November, jeweils um 11 Uhr in der Uni Trier, Gebäude A, Seminarraum A12.

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