Kann der Markt die Welt regieren?

TRIER. Unter dem Motto "Unsere Verantwortung für eine solidarische Gesellschaft" diskutierten Schülerinnen und Schüler der Berufsbildenden Schulen (BBS) der Region Trier zusammen mit Hochschulprofessoren in der Aula der BBS Trier.

Vier Fragestellungen sollten dabei möglichst viele Bereiche der Wirtschafts- und Sozialethik abdecken. Bereits zum fünften Mal fand das "Forum Wirtschafts- und Sozialethik" statt und erfreute sich auch dieses Mal großer Beliebtheit. "Kann der Markt die Welt regieren?" Mit dieser Frage fühlten die Schüler den zwei geladenen Experten gleich zu Beginn auf den Zahn. Professor Friedhelm Hengsbach, emeritierter Professor für christliche Gesellschaftsethik an der philosophisch-theologischen Hochschule St. Georgen in Frankfurt, war der Meinung: Ja, das geht! "Der Markt ist gesellschaftlich eingebettet", erklärte Hengsbach in einem Vortrag, "und die gesellschaftliche Ausgangsverteilung bestimmt den Markt." Jedoch brauche der Markt auch ein Kontrollorgan, denn "Wettbewerb in einem funktionierenden Markt erhält sich nicht von alleine, sondern muss geregelt und überwacht werden." Sein Kollege, Professor Karlhans Sauernheimer von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, hielt dagegen: "Der Markt kann nicht die Welt regieren, denn fast die Hälfte des in einer Volkswirtschaft erwirtschafteten Einkommens wird durch die öffentlichen Kassen des Staates umgeschichtet" - und erreicht einen "Markt" erst gar nicht, argumentierte er. Kontroverse Diskussion

"Welche Veränderungen wären denn erforderlich, um die Gesundheitsreform auch für Sozialhilfeempfänger und Langzeitarbeitslose tragbar zu machen?", fragten die Schüler unter anderem. Zu einer kontroversen Diskussion zwischen den Lehrenden selbst und auch zwischen den Schülern führte das zweite Thema: "Wenn jeder für sich selbst sorgt, ist für alle gesorgt - wollen wir das Ende der Solidarität?", lautete die provokante Fragestellung. "Die veränderten gesellschaftlichen Voraussetzungen haben sich geändert", erläuterte Hengsbach, "die Aspekte‚ 'Vollbeschäftigung' und 'Arbeitsplatz auf Lebenszeit' gelten heute nicht mehr. Daher hat sich auch das Verständnis von Solidarität gewandelt." Für den Volkswirt Sauernheimer liegt die Problematik der Solidarität auch in der Struktur der Massenarbeitslosigkeit: "Wer zur Finanzierung der sozialen Sicherheitsnetze tief in die Taschen der kleinen Leute greift, der darf auch Gegenleistungen von den Leistungsempfängern verlangen, sofern sie Gegenleistungen bringen können." Das dritte und vierte Thema erhitzte die Gemüter nicht weniger. "Werden die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer? Was ist Verteilungsgerechtigkeit?", fragten die Schüler. Schulklassen vom Beruflichen Gymnasium für Gesundheit und Soziales Trier, dem Wirtschaftsgymnasium Trier und dem Balthasar-Neumann-Technikum Trier sowie der Berufsoberschule für Technik aus Saarburg und der Berufsfachschule Wirtschaft aus Hermeskeil hatten an den Fragen und Diskussionsvorbereitungen mitgearbeitet.

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