Katastrophe und Neubeginn

TRIER. Nur wenige Darsteller sind schon länger dabei. "Phönix", die Theatergruppe der BBS Wirtschaft, setzt sich ansonsten jedes Jahr neu zusammen. Diesmal spielte sie Thornten Wilders "Wir sind noch einmal davongekommen".

Die reinste Katastrophe. Soviel könnte man auf den ersten Blick zum Inhalt des Stückes sagen. Genau genommen sind es sogar mehrere Katastrophen: Eiszeit, Sintflut und Krieg. Alle möglichen natürlichen oder von Menschen geschaffenen Notsituationen muss die Familie Antrobus überstehen. Doch jedes Mal kommen sie noch einmal davon. Und das ist das eigentliche Thema des Stückes: Es geht um den optimistischen Überlebenswillen, den Drang, trotz aller Widrigkeiten und Unglücksfälle einen Neuanfang zu suchen.Die Antrobus verkörpern dabei die Menschheit schlechthin und tragen Züge der biblischen Urfamilie. Diese werden vor allem bei Sohn Henry (Philipp Öchsle) sichtbar , den das Kainsmal auf der Stirn als ewigen Störenfried brandmarkt und der, anders als seine brave Schwester Gladys (Christine Ludwig), den Eltern George (Peter Walter) und Maggie (Margarete Steinbach-Mertes) permanenten Ärger bereitet.Trotz der Ernsthaftigkeit der Thematik, Schwermut kommt nicht auf. Im Gegenteil, das Stück nimmt sich selbst die Last des Tragischen durch seine verschachtelte Struktur. Oft bricht das Hausmädchen Sabina (Andreas Heiser) aus der eigentlichen Handlung aus, wendet sich an die Zuschauer und überbrückt die natürliche Distanz zwischen Darsteller und Publikum. "Ich verstehe kein Wort in diesem Stück", gibt sie zu.Ihr ohnehin parodistisch angelegter und von Andreas Heiser ausdrucksstark gespielter Part erhält einen zusätzlichen komischen Anstrich dadurch, dass die Rolle männlich besetzt ist. Sabina entpuppt sich im Laufe des Stückes selbst als Katastrophe. Sie weigert sich, eine Szene zu spielen, weil sie damit die Gefühle einer Freundin verletzen könnte. Mit immer neuen Anläufen versucht sie zudem, den nicht abgeneigten Hausherren Mr. Antrobus zu verführen und die Position seiner Frau einzunehmen. Vergeblich: "Immer wieder lande ich in der Küche", muss sie schließlich feststellen.Zwischen die Familie lässt sich trotz der zahlreichen Spannungen insbesondere zwischen Sohn Kain und Vater George kein Keil schieben. Gemeinsam schaffen sie es immer wieder aufzustehen, auch wenn George zu Zeiten des Krieges erstmals zeitweise einknickt: "Ich habe ihn verloren. Das allerwichtigste. Den Wunsch wieder anzufangen". Er bekommt ihn wieder.Judith Freeman, die gemeinsam mit Franz Wagner das Stück inszenierte, nennt es "typisch amerikanisch", aber "wir haben versucht, es auf unsere Situation zu übertragen, ohne seine Grundaussage zu verzerren".Deshalb spielt das Stück in Trier. Die Modernisierung und die sprachlichen Nuancen sorgten nicht selten für Belustigung. Die Aussage wird dennoch niemandem verborgen geblieben sein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort