Kaum dicke Luft um den blauen Dunst

In kleinen Einraumkneipen darf wieder geraucht werden. Mit dieser Grundsatzentscheidung haben die Verfassungsrichter in Karlsruhe gestern die Rauchverbote in Baden-Württemberg und Berlin für verfassungswidrig erklärt, was aber auch Auswirkungen auf die übrigen Bundesländer haben wird. Zwei Wirte sahen durch das Gesetz ihre Existenz bedroht und hatten Klage eingereicht. Der TV hat sich auch in der Region umgehört.

Trier. Reichlich gejammert wird über das Nichtraucherschutzgesetz auch in der Region Trier, so das Ergebnis einer Anfang Juli veröffentlichten Studie der Industrie- und Handelskammer (IHK). Die Umfrage, an der sich laut IHK fast 100 gastgewerbliche Betriebe beteiligten, habe ergeben, dass bei den Kneipen in der Region ein Negativtrend zu verzeichnen sei. Zwei Drittel der Betriebe, die nicht unter die Ausnahmeregelung der inhabergeführten Einraumkneipen fallen, gaben laut IHK an, dass das neue Gesetz ihren Umsatz seit Februar negativ beeinflusst habe. Während die Lage im Restaurant- und Beherbergungsbereich etwas entspannter sei, rechneten viele der Kneipen und Schankwirtschaften mit weiter sinkenden Umsätzen und fürchteten um ihre Existenz. Die IHK Trier begrüßt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als unternehmerfreundlich. Der TV wollte wissen, wie viel an diesen Zahlen tatsächlich dran ist, und hat in der Trierer Innenstadt umgehört. Keine Umsatzeinbußen gibt es bei den beiden "Großen" am Kornmarkt: Louisiana-Mitarbeiter Patrick Ewig: "Wir haben bisher keine Einbußen und fahren gut damit. Zu uns kommen die gleichen Leute wie vorher." Auch Bitburger Wirtshaus-Geschäftsführer Thomas Lohr kann noch keinen Negativtrend erkennen, allerdings will er vor einer endgültigen Bilanz den Winter abwarten: "Momentan nutzen die Leute vor allem die große Terrasse", so Lohr. Einziges Problem sei bisher, dass die Kippen trotz Aschenbecher auf dem Kornmarkt landen.

Ohne Zigarette keine Lust auf Kaffee



Auch am Hauptmarkt, wo vor allem Touristen zu den Gästen zählen, hat sich das Gesetz bislang kaum in der Kasse bemerkbar gemacht, allerdings blickt man auch hier in Richtung Winter. Alexander Belostennij, Geschäftsführer im Ratskeller: "Wir merken bisher nichts, jedoch gehen die Leute oft direkt nach dem Essen, wenn sie früher vielleicht noch einen Kaffee getrunken hätten." Kaum Veränderungen auch im Zapotex: "Hier ist im Sommer immer weniger los und unsere Stammgäste sind geblieben", erklärt Mitarbeiter Jörg Eisenhauer. "Es gibt keine Beschwerden und die Luft ist definitiv angenehmer."

Gute Luft ist das einzig Positive, das Winni Schmitt, Wirt der Traditionskneipe de Winkel, dem Nichtraucherschutzgesetz abgewinnen kann. "Die Arbeit ist angenehmer, aber das Gesetz hat viel kaputtgemacht, die Thekengespräche fallen weg." Was die Umsätze angeht, sei es der schlechteste Sommer seit neun Jahren, so Schmitt weiter und relativiert gleichzeitig: "Ich bin der Meinung, das liegt nicht nur an dem Gesetz, sondern auch an den Preisanstiegen in der Gastronomie."

Ähnlich ist die Stimmung auch am Viehmarkt: Umsatzrückgänge, die aber nicht nur auf das Nicht-Rauchen zurückzuführen sind. Robert Aßmann vom Simplicissimus: " Wir machen weniger Umsatz, aber ich bin mir nicht sicher, wie viel davon am Rauchen liegt." Vielmehr seien die Konjunktur und die sinkende Attraktivität des Viehmarktes schuld. Chrome-Mitarbeiterin Melanie Pohlschneider hat ebenfalls einen Gäste-Rückgang bemerkt: "Das kann aber auch an den Sommer- und Semesterferien liegen", sucht sie nach einer Erklärung.

Während sich die meisten Innenstadtwirte mit dem Nichtraucherschutzgesetz mehr oder weniger arrangiert haben, gibt es auch echte Fans: Norbert Freischmidt, Inhaber des Cubiculums: "Ich habe für das Nichtraucherschutzgesetz nur ein Wort: Positiv! Unsere Mitarbeiter haben bessere Arbeitsbedingungen und beim Umsatz merken wir bisher keine Veränderung." Er weiß aus seinem Bekanntenkreis, dass inzwischen auch Leute mit kleinen Kindern wieder regelmäßig ausgehen. "Und die Leute, die früher viel geraucht haben, rauchen jetzt weniger."

UMfrage

Patrick Ewig, Louisiana: "Bei uns gibt es keine Umsatzeinbußen. Allerdings ist das Lokal auch keine klassische Stammkneipe, sondern eher ein Ort, wo die Leute wegen des Images hingehen." David Richter, eröffnet demnächst in Euren eine Einraumkneipe: "Ich bin absolut gegen das Nichtraucherschutzgesetz. In meinereigenen Kneipe will ich entscheiden können, ob geraucht wird oder nicht. Und die Bedienungen suchen sich schließlich aus, ob sie im Rauch arbeiten wollen oder nicht." Melanie Pohlschneider, Chrome: "Wir müssen abwarten, wie der Winter wird. Zurzeit wird der Innenhof mehr genutzt als früher. Unsere Stammgäste sind geblieben, aber die Raucher unter ihnen fluchen." Robert Aßmann, Simplicissimus: "Unsere Umsätze sind zurückgegangen. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob das nicht auch an der sinkenden Attraktivität des Viehmarktes liegt."

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