Kein Bedarf an weiteren Bordellen: Stadtverwaltung lehnt zusätzliche Sex-Etablissements in Trier ab

Trier · Die Stadtverwaltung will keine weiteren Bordelle in Trier. Weil Betreiber allerdings grundsätzlich ein Recht auf Ansiedlung ihrer Etablissements haben, müssen Ablehnungen von Bauanträgen gut begründet werden. Ein Konzept, über das der Stadtrat nächste Woche entscheidet, soll dafür die rechtliche Grundlage bilden.

Kein Bedarf an weiteren Bordellen: Stadtverwaltung lehnt zusätzliche Sex-Etablissements in Trier ab
Foto: friedemann Vetter (VE._) ("TV-Upload Vetter"

Trier. Wenn Katharina Bohr (Name von der Redaktion geändert) an lauen Sommerabenden ihr Fenster öffnet, schallt vom angrenzenden Puff nicht nur Musik herüber. "Das Gestöhne der Damen und ihrer Freier ist manchmal so laut, dass es echt unangenehm ist", sagt Bohr. Seit sieben Jahren wohnt sie in der Rudolf-Diesel-Straße in Trier-Nord. Vor fünf Jahren machte nebenan der Poppstall auf (heute: Popphaus). "Es sind aber weniger die eindeutigen Geräusche als das Drumherum, das für uns Anlieger furchtbar lästig ist", berichtet die 56-Jährige davon, wie es ist, neben einem Bordell zu leben.

Manche Männer kämen alleine, viele in Gruppen zu viert oder fünft. "Dann wird auf dem Parkplatz häufig lautstark angekündigt, was man mit den Damen alles zu tun gedenkt", berichtet Bohr. Geht's nach dem Puffbesuch zurück zum Auto, werde es häufig wieder laut. An einiges hat Bohr sich über die Jahre gewöhnt. An die Kondome, die schon mal im Hauseingang lägen. An Damen, die in sehr leichter Kleidung über den Hof liefen. "Aber wenn es zu bunt wird, dann schreie ich die Freier auch mal aus dem Fenster an - und muss entsprechend deftige Antworten einstecken." Popphaus-Geschäftsführer Hermann Scholer ist das Problem bekannt. "Aber wenn die Männer bei uns feiern und anschließend draußen auf dem Parkplatz laut sind, dann haben wir darauf leider nur sehr wenig Einfluss", sagt er.

In Trier gibt es geschätzt rund 170 Prostituierte, die ihrer Arbeit in Bordellen, bordellartigen Betrieben, auf der Straße oder im heimischen Wohnzimmer nachgehen, und damit mehr als in anderen Großstädten. Der Durchschnitt liegt laut einer Umfrage der Zeitung Die Welt von 2013 bei rund 120 Prostituierten je 100 000 Einwohnern. Der überdurchschnittliche Wert in Trier hänge zusammen mit der "grenznahen Lage zu Luxemburg, Frankreich und Belgien, in denen Prostitution teilweise verboten ist", heißt es dazu im Bordell-Konzept, über das der Stadtrat am Donnerstag, 12. Mai, berät. Dem TV liegt das bis dato geheime Papier vor (siehe Extra). Die Beobachtungen von Anliegerin Bohr bestätigen den darin vermuteten Prostitutionstourismus: "Etwa 60 Prozent der Autos, die hier parken, haben Nummernschilder aus Luxemburg oder Frankreich."

Stadtrat muss Konzept zustimmen

Keinesfalls müsse sich die "Zulassung prostitutiver Nutzungen an der Nachfrage innerhalb der Stadt oder gar der umgebenden Region" orientieren, heißt es nun in dem städtischen Konzept. Einfach ablehnen darf das Rathaus Bauanträge für Bordelle, die grundsätzlich in Gewerbegebieten zulässig sind, allerdings nicht. Das geht rechtlich nur, wenn die Stadtverwaltung dafür nachvollziehbare, transparente Kriterien in einem städtebaulichen Konzept nachweist. In diesem geht die Stadtverwaltung davon aus, dass in Trier "eine Versorgung mit etwa 100 bis 120 Plätzen in Bordellen und bordellartigen Betrieben sachgerecht ist". Berücksichtige man, dass von den insgesamt 170 Trierer Prostituierten etwa 100 bis 120 bereits in Bordellen und bordellartigen Betrieben arbeiten, werde "ersichtlich, dass der Bedarf bereits mit bestehenden Betrieben gedeckt werden kann", stellt die Stadtverwaltung fest. Ergo seien weitere Bordellansiedlungen aus städtebauplanerischer Sicht nicht sinnvoll.

Stimmt der Stadtrat dem Konzept zu, hat die Stadt etwas in der Hand, um eine bereits im Bauamt vorliegende Bauanfrage abzulehnen: Der Antragsteller will in der Zurmaiener Straße in der Nähe des Verteilerkreises Nord einen "bordellartigen Betrieb" eröffnen. Einen positiven Bauvorbescheid musste die Stadtverwaltung dafür bereits erteilen. Stimmt der Stadtrat dem neuen Konzept zu, könnte die letztendliche Baugenehmigung in letzter Minute versagt werden.Extra

Kein Bedarf an weiteren Bordellen: Stadtverwaltung lehnt zusätzliche Sex-Etablissements in Trier ab
Foto: friedemann Vetter (VE._) ("TV-Upload Vetter"
 Käufliche Liebe gibt's in Trier in zehn von der Stadtverwaltung genehmigten Bordellen. Dazu kommen zwölf weitere Betriebe ohne behördliche Zulassung. Die Stadtverwaltung will mit einem neuen Konzept den Wildwuchs eindämmen und die Ablehnung neuer Ansiedlungsanträge auf rechtlich sicheren Boden stellen. TV-Fotos (3): Friedemann Vetter

Käufliche Liebe gibt's in Trier in zehn von der Stadtverwaltung genehmigten Bordellen. Dazu kommen zwölf weitere Betriebe ohne behördliche Zulassung. Die Stadtverwaltung will mit einem neuen Konzept den Wildwuchs eindämmen und die Ablehnung neuer Ansiedlungsanträge auf rechtlich sicheren Boden stellen. TV-Fotos (3): Friedemann Vetter

Foto: friedemann Vetter (VE._) ("TV-Upload Vetter"

In Trier gibt es zehn genehmigte und bestandgeschützte Bordelle und bordellähnliche Betriebe, in denen insgesamt rund 104 Frauen arbeiten. Die Etablissements konzentrieren sich dabei auf Trier-Nord (je ein Bordell in Ruwerer Straße, Loebstraße, Rudolf-Diesel-Straße und Karl-Benz-Straße), auf die Karl-Marx-Straße (drei Betriebe) und die angrenzende Lorenz-Kellner-Straße (ein Betrieb). Außerdem gibt es jeweils ein Bordell in der Luxemburger Straße und am Bahnhofsplatz. Der Club Pearls in der Rudolf-Diesel-Straße ist mit 32 Frauen das größte Etablissement, gefolgt vom Eros Center in der Luxemburger Straße (21 Frauen). Kleinstes Bordell ist das Herz-Dame in der Lorenz-Kellner-Straße mit nur einer Sexarbeiterin. Über die genehmigten zehn Betriebe hinaus existieren laut Recherchen der Stadtverwaltung zwölf baurechtlich nicht genehmigte bordellartige Betriebe. Die Bauaufsichtsbehörde will bei diesen Betrieben die Möglichkeit von Nutzungsuntersagungen prüfen. woc

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort