Kein Flachdach, keine Bücher, viel Skepsis

TRIER. Aufatmen unter Triers Buchhändlern: Mit dem geplanten Einkaufszentrum auf dem Paulinus-Gelände kommt offenbar kein neuer Mitbewerber auf den hart umkämpften Markt. Zumindest war in der Bürger-Info am Dienstagabend im Rathaussaal keine Rede mehr von einer Buchhandlung.

Das Publikums-Interesse wird geringer, die Skepsis nicht: Nur noch rund 50 Teilnehmer lockte die dritte Bürgerinformation zum so genannten Paulinus-Einkaufszentrum ins Rathaus; am 27. Januar waren es 150, am 10. April rund 100. Der sinkende Zuspruch lässt sich jedoch kaum als Indiz für wachsende Akzeptanz des größten Neubauprojekts in der City seit der Viehmarkt-Umgestaltung werten. Am Dienstag bekräftigten die Kritiker ihre Bedenken. "Es bleibt bei einem großen Klotz, der den Stadtstrukturen nicht gerecht wird", urteilte Herbert-Michael Kopp, der Vorsitzende des Vereins Trierisch. Auch Dominik Heinrich, Architekt und Mitglied des Ortsbeirats Trier-Mitte, mochte sich mit dem Vorhaben des Berliner Investors Trigon nicht anfreunden: "Was sie uns hier präsentieren, ist wie aus der Werbebroschüre" und habe mit der Realität nicht viel gemein. Dabei hat Chefplaner Andreas Middendorf vom Städtebau- und Architekturbüro RKW (Düsseldorf) schon kräftig an der Ursprungsplanung gefeilt. So soll es statt Flachdächern eine gegliederte Dachlandschaft geben. Nachgebessert wurde auch bei der Fassadengestaltung und der Erschließung: Von der Fleischstraße führt eine Mall (Einkaufspassage) zur Metzelstraße, und bis ins Basement fällt Tageslicht. Parkplätze soll der Konsumtempel nicht haben. Stattdessen erhält das City-Parkhaus eine unterirdische sowie eine Brücken-Anbindung. Auch hier finden die Trierer Haare in der Suppe. Gerhard Freising, Sprecher des Architektur- und Städtebaubeirats, nennt die 25 Meter lange Brücke über die Zuckerbergstraße einen "kritischen Eingriff ins Innenstadt-Gefüge". Ganz andere Probleme befürchten Bewohner der Metzelstraße, die künftig in beiden Richtungen als Bus-Trasse dienen könnte. "Da sollen täglich 850 Busse durchfahren. Und wir sollen mit Gasmasken auf dem Balkon sitzen?, fragte Johann Steinfeld. Stadtplanungsamts-Chef Christoph Struth erwartet hingegen "nicht mehr, eher weniger" Lärm und Abgase als in Zeiten des 2001 geschlossenen alten City-Parkhauses. Baudezernent Peter Dietze pflichtete bei und warnte vor einem Vergleich mit dem Alleencenter: "Das Paulinus-Center spielt in einer ganz anderen Liga." Der Doppel-Komplex auf den Grundstücken von ehemaliger Paulinus-Druckerei und altem City-Parkhaus sei für die Stadtstruktur verträglich. Und das Innenleben eine Bereicherung für Trier, betonte Maria Koopmann, Trigon-Expertin für Einzelhandelsentwicklung: "Wir sehen uns als Teil der City." Rund 40 Prozent der Verkaufsfläche von insgesamt 15 000 Quadratmetern belegen drei "Magneten" (Sport, Lebensmittel, Mode), der Rest entfällt auf etwa 50 Shops in drei Malls. Trigon: Shopping-Center eröffnet im Frühjahr 2006

Bemerkenswert: Von Buchhandel war keine Rede mehr. Großfilialist Habel (Darmstadt), lange als heißer Kandidat gehandelt und von den Trierer Kollegen gefürchtet, ist offenbar abgesprungen. In der Frage, wer Interessenten oder bereits Mieter sind, lassen sich die Trigon-Vertreter nach wie vor nicht in die Karten schauen: "Namen nennen wir, wenn die Verträge unter Dach und Fach sind." Nun ist der Stadtrat am Zug. In seiner Sitzung am 15. Oktober könnte er die Offenlage des Bebauungsplans beschließen, anschließend bestünde einen Monat Zeit, Kritik und Bedenken schriftlich zu äußern. Läuft alles nach Plan, fällt ab April die Ex-Druckerei, und Landesmuseums-Archäologen starten Bodenuntersuchungen. Im Frühjahr 2006 will die Trigon das Shopping-Center eröffnen.

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