Keine Gnade für Grabräuber

Saftige Strafe: Das Trierer Amtsgericht hat gestern einen 25-jährigen Grabräuber zu einer anderthalbjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Der erheblich vorbestrafte Angeklagte hatte von 100 Gräbern auf dem Trierer Westfriedhof Leuchten und Vasen gestohlen und diese anschließend an einen Schrotthändler verkauft.

Trier. Er bitte noch einmal um eine Bewährungsstrafe, sagt der Angeklagte und gelobt Besserung, bevor sich das dreiköpfige Schöffengericht nach einstündiger Verhandlung zur Urteilsberatung zurückzieht. Dass das Gericht diesem Wunsch des 25-jährigen Trie rers nicht folgen wird, ist bereits klar, als sich die Tür hinter dem Trio schließt. Kaum merklich hatte der Vorsitzende Richter Helmut Reusch zuvor den Kopf geschüttelt: "Keine Chance auf eine Bewährungsstrafe", lautet die unausgesprochene Botschaft.

Genau so kommt's: Eine Viertelstunde später verkündet die Kammer ihr Urteil: Der Angeklagte muss wegen gewerbsmäßigen Diebstahls für anderthalb Jahre hinter Gitter. Es ist ein ungewöhnlich hartes Urteil - gemessen vor allem am Wert der gestohlenen Dinge: Gerade einmal 500 Euro erlöste der 25-Jährige durch den Verkauf der gestohlenen Grableuchten und -vasen.

Dabei stellte sich der Trierer derart dumm an, dass seine Festnahme nur eine Frage der Zeit war. Insgesamt vier Mal fuhr er mit dem zwischen Mitte September und Ende Oktober auf dem Westfriedhof geraubten Diebesgut zu einem Schrotthändler, der ihm 90 Cent pro Kilo zahlte und beim letzten Mal die Polizei informierte. Da wusste bereits ganz Trier, dass ein Grabräuber gesucht würde. Immerhin: Der 25-Jährige stellte sich noch selbst der Polizei. Und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Er war Mitte November erst ein paar Tage im Knast, da wurde sein jüngstes Kind geboren. "Ich wäre so gerne dabei gewesen", sagt der nach eigenen Angaben seit dem 13. Lebensjahr drogenabhängige Mann gestern im Gericht.

Der Lebenslauf des Angeklagten - eine Chronologie des Scheiterns und Versagens: Schule abgebrochen, Aus- und Fortbildungen ebenfalls, später dann als Schrotthändler auf das schnelle Geld gehofft. Vergeblich. Ein Kompagnon habe ihn betrogen, sagt der zuletzt arbeitslose Angeklagte, jetzt habe er auch noch einen Berg von Schulden.

Wovon er denn lebe, will der Vorsitzende Richter wissen; "meine Verlobte bekommt Hartz IV", antwortet der junge Mann. Zu wenig Geld, um auch noch die Drogensucht des Angeklagten zu finanzieren. "Es hat vorne und hinten nicht gereicht", sagt er. Deshalb sei er auf die Idee gekommen, die Bronzeleuchten und -vasen auf dem Friedhof zu stehlen: "Ich schäme mich dafür."

Wäre es der erste Fehltritt des 25-Jährigen, käme er an diesem Tag mit einem blauen Auge davon. Aber seine Vorstrafenliste ist lang, ein Fünftel seines Lebens hat der zweifache Familienvater bereits hinter Gittern verbracht. "Für eine Bewährung ist kein Raum mehr", sagt Richter Reusch.

Weil noch zwei Bewährungsstrafen laufen, die nun widerrufen werden, muss der Trie rer jetzt für insgesamt dreieinhalb Jahre ins Gefängnis.

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