Keine Versteigerung, keine Hoffnung

TRIER. Nachdem am 13. Mai ein Zwangsversteigerungs-Termin geplatzt ist, steht die Zukunft des Trümmergrundstücks Neustraße 84 weiterhin in den Sternen. Nachbar Volksbank denkt deshalb darüber nach, seinen Standort Viehmarkt aufzugeben.

Die Zwangsversteigerung fand nicht statt. Wenige Stunden vor Beginn beglich ein Trierer Privatmann die finanziellen Forderungen und machte damit den für vergangenen Donnerstag anberaumten Termin vor dem Amtsgericht hinfällig. Damit ist die unendliche Geschichte des verwahrlosten Anwesens Neustraße 84 um ein weiteres Kapitel reicher, aber die Lösung des Problems um keinen Millimeter näher gerückt. Seit Anfang der 70er-Jahre verfallen das Gebäude mit der ehemaligen Gaststätte "Jenny Kasper" und das Hinterhaus auf dem bis zum Viehmarkt reichenden Grundstück.Schröer: Uns sind die Hände gebunden

"Uns sind aufgrund der privaten Eigentums-Situation die Hände gebunden", klagt Oberbürgermeister Helmut Schröer. An die Besitzerin, eine 85-jährige Triererin, die in dem Haus ohne Strom, Wasser und Heizung lebe und keinerlei Abgaben entrichte, sei nicht heranzukommen. "Jedenfalls nicht wirklich. Und ich bin seit fast zehn Jahren dran an dem Thema und um eine einvernehmliche und versöhnliche Lösung bemüht." Versöhnliche Lösung - das könnte bedeuten, dass die 85-Jährige ihr Anwesen verkauft und Wohnrecht in einer Neubebauung erhält. Nach langem Hin und Her und vielen Anläufen schien im vergangenen Jahr endlich eine Lösung gefunden. In einer Zwangsversteigerung kam das Grundstück unter den Hammer, aber das Ergebnis nicht zum Tragen, denn das Landgericht erkannte auf Prozess-Unfähigkeit der Schuldnerin. Daraufhin wurde ein Betreuer als Prozessbevollmächtigter bestellt. Allerdings fand ein neuerlicher Prozess nicht statt, weil ein Trierer die aufgelaufenen Schulden der alten Dame - im Falle der Stadt Trier rund 13 000 Euro - beglich. Der Privatmann wollte sich auf Anfrage des TV nicht zu seinen Motiven äußern, betonte aber, er habe "kein persönliches Interesse daran, jemandem einen Stein in den Weg zu legen". Dennoch ist nun wieder alles beim Alten. "Eine Katastrophe", sagt OB Schröer. Denn abgesehen von seinem unappetitlichen Anblick entpuppt sich das Anwesen zunehmend als potenzieller Infektionsherd. Kürzlich ließ die Stadt die zu Bruch gegangene Fensterfront der ehemaligen Gaststätte mit wasserfesten Spanplatten luftdicht verschließen, weil sich im Inneren Taubenkot und -kadaver häufen. Brennend interessiert an dem 453 Quadratmeter großen Grundstück ist die Volksbank Trier, deren Zentrale in direkter Nachbarschaft am Viehmarkt aus allen Nähten platzt. "Wir wollen seit fast 20 Jahren kaufen, aber haben es nie geschafft, die Besitzerin an den Tisch zu bekommen", bedauert Direktor Karl A. Heinz. "Wenn wir vergangene Woche Eigentümer geworden wären, dann würde jetzt bereits ein Architekt die Erweiterung am Viehmarkt planen." Dazu wird es möglicherweise nie mehr kommen. Heinz: "Wie es derzeit aussieht, können wir unser Raumproblem nicht am Viehmarkt lösen." Da die Volksbank Trier vor der Fusion mit der Raiffeisenbank Schweich steht und dringend mehr Platz braucht, denkt Heinz laut darüber nach, die Zentrale in der Trierer City aufzugeben: "Wir werden die Standortfrage in den kommenden Tagen sehr intensiv diskutieren. Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, dass wir unter den gegebenen Umständen am Viehmarkt bleiben."

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