Keine Zusatzsteuer für Prostituierte und Bordelle

Trier · Während Wittlich und Bitburg von ihren Prostituierten und Bordellen eine sogenannte Sexsteuer eintreiben, verzichtet Trier auf diese Einnahmequelle. Der Aufwand sei zu groß, argumentiert das Rathaus.

Trier. Entscheidet sich Mann im Trierer Club Pearls für das Angebot "Sinnliches Vergnügen mit 1 Mädel, keine Extras, Flasche Sekt inklusive, zwei Stunden" kostet das 260 Euro. Dazu gebucht werden können laut der sehr expliziten Liste auf der Internetseite des Bordells jede Menge Extras zwischen 25 und 100 Euro. Auch "Blaue Flecken, Blutergüsse" und "Käfighaltung" kann der Gast als Zusatzservice wählen.
Der Gewinn, den Bordellbesitzer Rigo Wendt und die Prostituierten aus diesen Diensten erwirtschaften, muss ganz normal versteuert werden. "Sowohl die Frauen als auch die Betreiber zahlen den üblichen Gewerbesteuersatz, seitens der Finanzbehörden werden für Prostitution keine Extra-Steuern erhoben", erklärt ein Sprecher des Trierer Finanzamts.
Keine genauen Zahlen


Die Stadt Trier könnte dagegen eine sogenannte Sexsteuer verlangen. Seitdem im Sommer die Vergnügungssteuer gesetzlich neu geregelt wurde (der TV berichtete), können Kommunen neben Glücksspiel auch Prostitution mit einer Abgabe belegen. Wittlich und Bitburg nutzen diese neue Einnahmemöglichkeit (siehe Extra). Trier nicht.
Schon die im Sommer neu geregelte Besteuerung von Tanzveranstaltungen in Diskotheken, Filmvorführungen und für den Betrieb von Spielautomaten sei "mit einem erheblichen und zusätzlichen Verwaltungsaufwand verbunden", argumentiert Rathaussprecher Hans-Günther Lanfer auf TV-Anfrage. Dieser Mehraufwand habe "den Stadtvorstand bewogen, dem Stadtrat vorzuschlagen, zunächst von der Besteuerung von Prostitution abzusehen".
Finanzamt zählt 20 Betriebe


Dabei ist die mit mehr als 600 Millionen Euro verschuldete Stadt dazu verpflichtet, mögliche Einnahmequellen auszuschöpfen. Die Stadtverwaltung hat daher berechnet, ob sich der Aufwand, der für die Erhebung und Kontrolle einer Sexsteuer nötig wäre, lohnt. Ausgegangen ist das Rathaus dabei davon, dass in Trier 50 Prostituierte arbeiten. Bei einem Steuersatz von fünf Euro pro Tag und der Annahme von 20 "Veranstaltungstagen" pro Monat ergibt sich daraus ein potenzielles Jahressteueraufkommen von 60 000 Euro.
Doch sei es nicht nur problematisch, die tatsächliche Zahl der Prostituierten zu erfassen. Schwierig sei auch die "Durchsetzung des Steueranmeldeverfahrens mit der Realisierung der Forderungen durch die Stadtkasse" - sprich: das Eintreiben der Steuer von Bordellbesitzern und Prostituierten. Der zusätzliche Aufwand für Ordnungsamt und städtische Finanzverwaltung sei so hoch, dass man zumindest vorerst auf eine Sexsteuer verzichte, erklärt die Stadtverwaltung. Dabei könnten die Einnahmen daraus deutlich über den geschätzten 60 000 Euro liegen. Denn nicht nur die Prostituierten selbst könnten mit einer Tagessatzsteuer belegt werden. Bitburg und Wittlich erheben auch Steuern nach den Quadratmeterflächen von Bars, Clubs und Puffs, in denen Prostituierte arbeiten. Gefragt nach der Größe der potenziell besteuerbaren Sex-Flächen in Trier, gibt sich die Stadtverwaltung allerdings noch ratloser als bei der Zahl der Prostituierten.
Bordellbesitzer: "Ungerecht"


Das Trierer Finanzamt geht übrigens von mindestens 65 Prostituierten aus, die in Trier in etwa 20 Betrieben - von der Bar bis zum größeren Bordell - arbeiten. Eine Quadratmeterzahl der auf Behördendeutsch sogenannten "Veranstaltungsfläche" kann das Finanzamt allerdings auch nicht nennen.
Rigo Wendt bestätigt die Argumente der Stadt: "Bei den Prostituierten gibt es eine relativ große Fluktuation", sagt der Bordellbetreiber. "Da wäre es schon schwierig, eine solche Abgabe umzusetzen." Davon abgesehen sei eine Sexsteuer ungerecht: "Wir betreiben laut Gesetz ein ganz normales Gewerbe - warum sollten ausgerechnet wir mit einer Zusatzsteuer belegt werden?"Extra

Die Höhe einer sogenannten Sexsteuer können Kommunen selbst festlegen: Wittlich erhebt eine Pauschale von 1,50 Euro "je Veranstaltungstag und angefangenen zehn Quadratmetern Veranstaltungsfläche" etwa für Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs. Dazu kommen fünf Euro pro Prostituierte und Arbeitstag. In Bitburg wird je Veranstaltungstag und angefangenen zehn Quadratmetern Etablissement-Fläche ein Satz von zwei Euro erhoben. Einen Exta-Obulus pro Prostituierte kassiert Bitburg nicht. woc

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort