Kino "für lau"

TRIER. (mhe) Kino zum Mondscheintarif: Das Kurzfilmfestival "40 Ufer Filme" - für Besucher kostenfrei - lockte mehrere hundert Filmliebhaber zur abendlichen Vorführung unter freiem Himmel.

Die architektonische Substanz der ältesten Stadt Deutschlands bietet zahlreiche Möglichkeiten, kulturelle Veranstaltungen an außergewöhnlichen Orten auszutragen. Doch wer hätte gedacht, dass sich gerade der mit schnörkeligen Fassaden umrahmte Innenhof des Kurfürstlichen Palais' dazu eignet, die unkonventionellen Werke junger, aufstrebender Filmemacher vorzustellen? Ralf Kotschka, treibende Kraft des dreiköpfigen Projekt-Teams, hatte am wenigsten daran geglaubt: Hatte er doch bereits im vergangenen Jahr versucht, das Freilichtfestival am Moselufer stattfinden zu lassen. Er sei schon seit langer Zeit bemüht, den Kunstsinn der Trierer zu schärfen und für größere Akzeptanz bei den Entscheidungsträgern zu werben. "Leider haben es Kunstschaffende in Trier schwer, wenn sie sich jenseits bekannter Pfade bewegen", meinte Kotschka. Etwas unfreiwillig also verlieh das ehrwürdige Ambiente des Rokoko-Schlosses dem kleinen Festival "die Weihen der hohen Kultur". Doch niemand schien mit der "Notlösung" unzufrieden. Mehrere hundert Kinofreunde hatten es sich auf mitgebrachten Decken und Klappstühlen bequem gemacht. Die Auswahl der 25 gezeigten Filme wirkte willkürlich. Wer dahinter Konzeptlosigkeit vermutete, lag gar nicht mal so falsch. Kotschka und sein Team hatten nicht selektiert, sondern gesammelt. Das Programm sei eine Momentaufnahme dessen, was als neue Filmkunst gelte. "Offenheit" lautete das Motto. Sicherlich nicht zuletzt, weil ihnen das Ziel vorschwebte, an einem einzigen Abend 40 Filme über die Leinwand flimmern zu lassen. Um der magischen Zahl näher zu kommen, wurden kurzerhand Musikvideos von Stereo Total, Jan Delay und den Ärzten als Lückenbüßer untergebracht. Den Veranstaltern war wichtig, ausschließlich mit Sponsorengeldern über die Runden zu kommen und auf Eintritt zu verzichten. "Bereits ein Euro Eintritt wäre zu viel gewesen, weil es den idealistischen Charakter des Festivals zerstört hätte", erklärte Kotschka. Etwas kam auf jeden Fall überzeugend rüber: Nicht nur in den großen Metropolen greifen kreative Geister zur Kamera, sondern auch in Trier. Lars Becker, Michi Sturges und Govinda Van Maele sorgten für das Lokalkolorit auf der Leinwand. Govinda Van Maele hat in ihrem zwölfminütigen Stummfilm die Straßen Triers mit dem Auge der Expressionisten betrachtet, sie mit bleich geschminkten Gestalten bevölkert und diese auf dramatische Flucht vor den Mächten des Bösen geschickt. Andere deutsche Beiträge, wie die von Corinna Schnitt und Sylvie Hohlmann, kamen ganz ohnenarrative Struktur aus und porträtierten den Menschen als Eigenbrötler, der seinen verschrobenen Ideen nachhängt und den Bezug zur Umwelt verliert. Ansonsten herrschten aufwändige Produktionen aus Paris, darunter einige Trickfilme, mit durchgehend bitter-böser Komik vor.

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