Klartext mit Tätern sprechen

Durch das Gewaltschutzgesetz sind seit rund fünf Jahren die Opfer häuslicher Gewalt, fast immer Frauen, besser geschützt. Als erstes Bundesland bietet Rheinland-Pfalz flächendeckend auch Täterarbeit an. Pro Familia in Trier startet jetzt mit einer Beratungsstelle für Männer, die häusliche Gewalt ausüben.

Trier. Wenn der Mann ausrastet und seine Frau schlägt, kann sich das Opfer an Interventionsstellen wenden und wird beraten. Doch auch der Täter braucht Hilfe. Denn es gilt zu lernen, Konflikte anders als mit Aggressionen und Gewalt zu lösen. Oder zu erkennen, was die Aggression ausgelöst hat, warum der Mann "gleich auf 180" ist, erklärt die Leiterin von Pro Familia e.V., Claudia Heltemes. Um Männern, die in engen sozialen Beziehungen häusliche Gewalt ausüben, Auswege aufzuzeigen, ihnen einen Spiegel vorzuhalten, Mitleid für das Opfer zu entwickeln, beginnt am 25. Oktober in Trier ein entsprechendes Training. Bislang gebe es bereits einige Anmeldungen, sagt Heltemes, schließlich sei Pro Familia mit weiteren Einrichtungen im rheinland-pfälzischen Interventionsprojekt gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen (Rigg) gut vernetzt.Nötigung, Stalking, Mobbing

Daher können Täter über Bewährungshilfe oder Staatsanwaltschaft der neuen Beratungsstelle zugewiesen werden. Auch von der Polizei kann die Teilnahme empfohlen werden. Zusätzlich zu dieser Vernetzung hofft Heltemes auf "Selbstmelder", die zu Hause körperliche oder psychische Gewalt ausüben: Nötigungen, Stalking, Mobbing etwa. Die Täter stammen aus allen Gesellschaftsschichten und Altersklassen. Es sei typisch, so Diplom-Psychologe und Anti-Gewalt-Trainer Patrick Hamm, dass Männer in Stress-Situationen oft hilflos seien. Männer seien häufig ungeübt im Umgang mit Gefühlen. Hamm leitet zusammen mit Diplom-Pädagoge Michael Charles und zwei weiteren Honorarkräften den Kurs.Dabei gelte es, zunächst Vertrauen aufzubauen. Bei einem Gruppentraining sollen die echten Gewaltsituationen nach vorheriger Akteneinsicht möglichst realitätsnah durchgespielt werden, erläutert Heltemes. Damit das Konzept aufgeht, verpflichten sich die Teilnehmer in einem Vertrag beispielsweise zu einer regelmäßigen Teilnahme. Da Täter häufig ihre Gewalt verharmlosen und Ausreden finden würden ("Sie hat mich provoziert!"), wird in dem Training Klartext gesprochen, stellt Hamm klar. "Die Täter müssen sich mit dem Delikt auseinandersetzen und es aufarbeiten. Es wird keine Ausreden geben und die Sache nicht als Bagatelle heruntergespielt." Erstmal tief Luft holen und bis zehn zählen

Hamm, der als externer Therapeut in mehreren Justizvollzugsanstalten arbeitet, ist zuversichtlich, dass das Beratungsangebot angenommen wird und auf fruchtbaren Boden fällt. Täter könnten lernen, in eskalierenden Situationen erst mal tief Luft zu holen oder bis zehn zu zählen. Oder aber den neu gewonnenen Freund aus der Gruppe anzurufen und ihm zu sagen, was los ist.Anmeldungen und Informationen bei Pro Familia unter Telefon 0651/99189357 oder im Internet unter www.gewaltberatungsstelle-trier@profamilia.de

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