Kochtopf contra Haushaltsplan

TRIER. Der Trierische Volksfreund stellt in einer neuen Serie Frauen aus der Region vor, die sich in der Männerdomäne Kommunalpolitik etabliert haben. Jutta Roth-Laudor gehört in der Kreispolitik zu den "alten Hasen". Als sie vor fast einem Vierteljahrhundert als Frau in die Politik einstieg, galt sie allerdings noch als Exotin.

Noch dampfen die frischen Knödel auf den Tischen im Hotel Mühlengarten. Wenn der Beilagensalat verspeist ist, geht für die CDU-Kreistagsfraktionsmitglieder weiter: Sie beratschlagen über den Entwurf für den neuen Haushalt. Aus den gediegenen Anzügen sticht eine vierfarbig karierte Jacke hervor. Ein wenig hüpft die Brosche - ein Vogel mit langem Gefieder - am Revers auf und ab, als die Frau mittleren Alters mit dem sorgfältig frisierten Haar nach nebenan geht und berichtet, wie sie Teil dieser Runde geworden ist. Die CDU-Kreistagsabgeordnete Jutta Roth-Laudor schlug als junge Frau eine untypische Karriere ein. Sie studierte Politikwissenschaft. "Als Frau war man damals in dem Fach ein Exot", erinnert sie sich, schmunzelt und richtet die Schleife an ihrer knallroten Bluse. Doch für sie war es selbstverständlich, dass sie als Frau auch neugierig war auf Politik. Von Haus aus ist sie politische Debatten gewohnt: Der Vater CDU-Ortsbürgermeister, die Mutter lässt sich bei politischen Diskussionen nie den Mund verbieten. Doch monotone Vorlesungen über Kanzlerdemokratie, funktionalen Föderalismus, Kumulieren und Panaschieren waren der Politik-Studentin oft nur graue Theorie. Sie wollte das Gehörte umsetzen - und etwas bewegen. In den 70er Jahren waren jedoch Revolution und APO ihre Sache nicht. Sie fand in der Jungen Union eine Heimat. Mit 29 folgte der Entschluss: "Ich gehe in die Politik." Schnell war sie in den Reihen der CDU integriert. "Weil ich diese Sonderrolle als junger und weiblicher Neuzugang hatte, haben gerade ältere Männer mich unterstützt." Ihre männlichen Kollegen setzen sich auch für sie ein, als sie sich für die Wahl zum Kreistag aufstellen ließ und als eine von wenigen Frauen einen Sitz errang. "Die Umstände waren einfach günstig", sagt Roth-Laudor. Den Kreistag, damals erst von wenigen Frauen bevölkert, wurde ihr Revier. Heute sind fast ein Viertel der Mitglieder im Kreistag Trier-Saarburg Frauen. Dennoch gab es noch keine Frau als Kreisbeigeordnete oder Landrätin. Als 1988 das Amt der Gleichstellungsbeauftragten geschaffen wurde, war Roth-Laudor schnell als geeignete Kandidatin im Gespräch und wurde vom Kreistag gewählt. Das Ziel, in der Politik eine steile Karriere zu machen, hatte Roth-Laudor nie vor Augen. Sie ist sich sicher: Ohne die Unterstützung ihres Ehemanns wäre sie nicht so weit gekommen. Heute wohnt die 54-jährige Studienrätin für Geschichte und Sozialkunde mit ihrem Ehemann und dem 17-jährigen Sohn in Butzweiler. "Ich habe in meiner ganzen Laufbahn nur positive Erfahrungen gemacht", sagt Roth-Laudor und faltet die Hände auf dem Tisch wie zum Gebet. Der Verbandsbürgermeister steckt seinen Kopf durch die Tür, Jutta Roth-Laudor springt auf und trabt auf flachen Schuhen zur Haushaltsberatung. Die Kommunalwahl am 13. Juni wird erneut darüber entscheiden, wie viele Frauen als Entscheidungsträger entsandt werden.

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