Konstantin der Blutrünstige?

Konstantin - der Große, der christliche Kaiser, der Herrscher im Zeichen des Kreuzes. Diese Wahrnehmung stellt die Trierer Tuchfabrik bei der "Konstantin-Nacht" per Musical und Kriminalgeschichten infrage. Unterhaltsam war das, aber nur selten wirklich tiefgründig.

 Helmut Schwickerath führte durch die von ihm konzipierte Ausstellung „Konstantin – Kunst und Provokation“ in der Trierer Tuchfabrik. TV-Foto: Kim-Björn Becker

Helmut Schwickerath führte durch die von ihm konzipierte Ausstellung „Konstantin – Kunst und Provokation“ in der Trierer Tuchfabrik. TV-Foto: Kim-Björn Becker

Trier. (kbb) "Museum bei Nacht" gehört mittlerweile zum Standardrepertoire der Museumslandschaft. Die "Konstantin-Nacht", die die Trierer Tuchfabrik zu ihrer Ausstellung "Konstantin - Kunst und Provokation" veranstaltete, weitete das nächtliche Standardprogramm allerdings aus: Im zu später Stunde nur spärlich besuchten Großen Saal der Tufa zeigten die Mitglieder des schwul-lesbischen Zentrums Trier Ausschnitte aus dem von ihnen konzipierten Musical "Der Ring des Konstantin", das Ende September in voller Länge aufgeführt werden soll. Ins Spannungsfeld von römischer Kultur und germanischen Traditionen geraten dabei ein betrunkener Statthalter ("In Trier muss man betrunken sein, sonst hält man es nicht aus"), ein geldgieriger Bischof und homosexuelle Legionäre. Weiter gab die Duisburger Autorin Patricia Vohwinkel zwei Kriminalgeschichten zum Besten, die mit Ausnahme der Namensgleichheit der Protagonisten und vereinzelten Bezügen nur wenig mit dem christlichen Kaiser zu tun haben. In Vohwinkels "Der Frauenschuh" geht es um einen schrulligen Schuhverkäufer, der einen Mord begeht und die Leiche in einen der überdimensionalen Konstantinfüße einbetoniert. In Peter Kusens Geschichte "Der Auserwählte" ermordet ein kauziger Frührentner nachts vorwiegend Jugendliche, die sich ihm gegenüber unfreundlich, ja bedrohlich, verhalten. Er selbst hält sich dabei für den legitimen Nachfolger des römischen Kaisers.Wenig Bezug zum Kaiser

Im Anschluss wurden die Zuschauer von Helmut Schwickerath durch die von ihm konzipierte Ausstellung "Konstantin - Kunst und Provokation" geführt. Auf der Internetseite dazu wendet sich Schwickerath gegen die Geschichtskonstruktion der großen Museen und rechtfertigt sein Tufa-Konzept: "Einem Mörder und kriegslüsternen, von der Macht besessenen Despoten wird der Ehrentitel ,der Große' verliehen, ganz ohne Anführungszeichen und Ironie. Und die dummstolzen Trierer freuen sich darüber." Dass die Tufa-Ausstellung auf der zeitgeschichtlichen Konstantin-Welle vielmehr mitschwimmt, als sie vor sich herzuschieben, wird dabei schnell übersehen. Umso bitterer ist das für die in weiten Teilen innovative Arbeit der beteiligten Künstler, allen voran die Plastik "Die Geburt des Abendlandes" von Jacques Tilly und Doris George, die einen in Konstantins Geldregen knienden Bischof zeigt. Auch Martin Heuwolds überdimensionales Gemälde "Mission Accomplished" spannt einen kritischen Bogen: Von Konstantin über die Kreuzritter, hin zu modernen Soldaten unter dem Kommando des US-amerikanischen Präsidenten George W. Bush stehen alle kriegerischen Akteure im Zeichen des Kreuzes.

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