Kostka-Betrugsprozess: Streit vor Gericht

Trier · Ingrid Kostka muss zum zweiten Mal vor dem Landgericht Trier aussagen. Dieses Mal kommt es zur direkten Auseinandersetzung mit dem Angeklagten, der sie betrogen haben soll.

Die 86 Jahre alte Gründerin der Ernst & Ingrid Kostka Stiftung zeigt wieder eine bemerkens- und bewundernswerte Energie und Klarheit, als Richter Armin Hardt sie in den Zeugenstand bittet. Ihre Stimme bebt vor Wut, als sie die Vorgänge schildert, die sie als Betrug bezeichnet.

Auch die Staatsanwaltschaft Trier sieht die Witwe des 2002 verstorbenen Trierer Millionärs Ernst Kostka als Opfer eines Betrugs. Zwölf Mal soll der Angeklagte, ein 51-jähriger Vermögensberater und jahrelanger enger Vertrauter der Familie Kostka, die Stiftungsgründerin betrogen haben - um mehr als 360 000 Euro aus ihrem Privatvermögen. So lautet die Anklage. Der Beschuldigte weist alle Vorwürfe zurück.

Ingrid Kostka hatte bereits am ersten Verhandlungstag ausführlich ausgesagt (der TV berichtete). Richter Hardt bittet sie um Verständnis für die zweite Vernehmung. "Es sind noch Fragen offen, die wir klären müssen", sagt er. Eine positive Umschreibung für einen sehr komplexen Sachverhalt. Denn viele Dokumente, die das Geld haben fließen lassen, tragen Ingrid Kostkas Unterschrift. Sie hat viele Schriftstücke unterschrieben, die der Angeklagte ihr vorgelegt hat. Überweisungsträger und einmal sogar eine Verzichtserklärung über 175 000 Euro.

Die zurzeit zentrale Frage in diesem Prozess lautet: Hat die wohltätige Millionärin, deren Stiftung sich um Kinder in Not kümmert, die Dokumente auch tatsächlich gelesen und verstanden, die sie unterschrieben hat?

Nein, sagt sie auch in ihrer zweiten Vernehmung. "Ich habe ihm doch blind vertraut", betont sie, und wieder bebt die Stimme. "Er war wie mein eigener Sohn. Niemals hätte ich gedacht, dass er mich hintergehen würde." Der Angeklagte hat über Jahre hinweg ihr Privatvermögen betreut.

Richter Hardt muss mehrmals nachhaken: "Warum haben Sie denn nicht gelesen, was Sie unterschrieben haben?" Ingrid Kostka antwortet: "Das war meine Dummheit. Ich kannte mich doch gar nicht aus mit Details des Finanzgeschäfts."

So hat sie die Verzichtserklärung über 175 000 Euro zugunsten des Angeklagten unterschrieben, ebenso wie die Überweisungsträger, über die er sein mündlich vereinbartes Beraterhonorar von 5000 Euro monatlich fast verdreifacht hat. Auch das war bereits ein Thema des ersten Verhandlungstags. "Er hat mir aber kein Wort davon gesagt, dass er mehr Geld haben will", empört sich die Stiftungsgründerin. Der Angeklagte kontert: Das Honorar sei branchenüblich, er habe es mit ehrlicher Arbeit verdient.

Dann platzt Ingrid Kostka der Kragen. "Du hast viermal 50 000 Euro von meinem Konto abgehoben, als ich die schwere Herzoperation hatte und dir deshalb eine Vollmacht erteilt hatte", fährt sie den Angeklagten an. Der Vorsitzende Hardt unterbindet den Disput nicht. "Streitet euch ruhig", sagt der Richter. "Dabei kommt oft die Wahrheit raus."
Die 86-Jährige lässt sich nicht bremsen. Sie habe dem Angeklagten Darlehen gewährt, aber nie schriftliche Bestätigungen oder Verträge dafür erhalten. "Ich habe ihn immer wieder darum gebeten und wurde nur vertröstet", sagt sie heute.

Auch der Trierer Rechtsanwalt Thomas Rosenbaum nimmt im Zeugenstand Platz. Er gehört dem Vorstand der Ernst & Ingrid Kostka Stiftung an und ist auch der aktuelle Rechtsbeistand von Ingrid Kostka. "Die gesamte Situation war ein einziges Chaos", sagt der Anwalt aus. "Es gab keine Vermögensaufstellung, und auch die Provisionen für den Angeklagten waren undurchsichtig." Rosenbaum bestätigt die Darstellung von Ingrid Kostka. "Sie hat ihm völlig vertraut. Es war für sie undenkbar, dass er sie nicht richtig betreut." Von allen Darlehen, die sie dem Angeklagten gewährt habe, seien nur 100 000 Euro wieder zurückgezahlt worden - nach einer Klage und einem Urteil. Rosenbaum betont, es habe mehrere Urteile gegeben. "Aber was nutzen die, wenn der Angeklagte nichts hat, was er zurückzahlen könnte."

Der Prozess wird am 29. August um 9 Uhr weitergehen. Verteidiger Stefan Schatz hat die Vernehmung weiterer Zeugen beantragt.

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