Krach um Kringel

TRIER. Über Geschmack lässt sich streiten. Genau das geschieht derzeit an der Universität. Objekt der Auseinandersetzung ist die "Kunst am Bau" des ehemaligen Militär-Hospitals auf dem Campus II. Viele Studenten und Dozenten finden die 50 000 Euro teuren orange-farbenen Kringel an der Fassade "scheußlich". Weiterer Kritikpunkt: die Art der Auftragsvergabe.

 Interessanter Akzent oder einfach scheußlich? Dieses Kunstwerk an der Uni birgt Zündstoff. TV-Foto: Inge Kreutz

Interessanter Akzent oder einfach scheußlich? Dieses Kunstwerk an der Uni birgt Zündstoff. TV-Foto: Inge Kreutz

Kunst will auffallen, zum Diskurs anregen, auch unbequem sein. Gemessen daran hat die "Kunst am Bau" des ehemaligen französischen Militär-Hospitals auf dem Petrisberg ihren Zweck erfüllt. Wenige Themen werden an der Universität derzeit so heftig diskutiert wie die organge-farbenen Kreise, die die Berliner Künstlerin Christiane Schlosser für die Fassade des dominierenden Gebäudes auf dem Campus II entworfen hat. "Fast alle sind außer sich"

"Ich finde die Kringel schrecklich. Das Orange harmoniert kein bisschen mit dem Rot in der Fassade", sagt Roland Struwe. Seit er und seine Kollegen vom Studentenblatt "NU" die Kringel thematisiert haben, ist die Diskussion hochgekocht. "Ich frage mich, warum ein Objekt ausgewählt wurde, das die große Mehrheit der Studenten scheußlich findet", sagt Struwe. In solche Entscheidungen müssten die, die täglich damit konfrontiert seien, einbezogen werden. Uni-Dozent Johannes Michael Nebe hält das Kunstwerk für einen "Skandal". Auch er kritisiert die Entscheidungsfindung. Bei öffentlichen Gebäuden müsse der Grundsatz von der "Demokratie als Bauherr" gelten. "Die Nutzer dieses Gebäudes sind fast alle außer sich." Man hätte sie einladen, ihnen verschiedene Entwürfe präsentieren und ein Meinungsbild einholen müssen, verlangt Nebe. Gäste hätten die Kringel für Graffiti gehalten. Nebe fürchtet: "Da wird sich so mancher sagen: Das kann ich besser." Er sei nicht grundsätzlich gegen Kunst am Bau, betont der Dozent. Doch dass viel Geld in ein derart umstrittenes Werk geflossen sei, während in der Uni-Bibliothek Bücherbestände reduziert würden, ärgert ihn: "Ich verstehe nicht, wie der Staat hier vorgeht." Eine Landesrichtlinie regele, wie viel Geld in Kunst am Bau fließe, erklärt Rolf Hecking, der beim Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung für Hochschulbau zuständig ist. Auf dem Campus II seien es 61 000 Euro gewesen. Rund 10 000 Euro habe ein Pendel im Inneren des Gebäudes gekostet, der Rest sei in das Fassaden-Gemälde geflossen. Die Gestaltung sei ausgeschrieben worden. Ein sechsköpfiges Gremium, in dem auch die Uni vertreten gewesen sei, habe sich für den Entwurf von Christiane Schlosser entschieden. "Es ist nicht vorgesehen, dass jede Interessengruppe beteiligt wird", sagt Hecking. Das Werk soll für sich stehen

Die Künstlerin erklärt derweil, die orange Farbe habe sie bewusst gewählt. "Das Kunstwerk soll für sich stehen. Eine Verbindung mit der Architektur würde es relativieren." Die gerasterte Gliederung des Gebäudes erhalte durch ihr Werk einen dynamischen Akzent, sagt Schlosser. "Es kann auch als Zeichen dafür gesehen werden, dass alles miteinander zusammenhängt - und dafür, dass Ideen durch das Kreisen der Gedanken entstehen." Die aktuelle Diskussion begrüßt sie: "Es geht um Kunst im öffentlichen Raum. Jeder kann dorthin. Jeder sagt etwas dazu. Und das ist gut so."

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