Krankenhäuser schlagen Alarm

Die großen Trierer Krankenhäuser sind sauer auf die Bahn. Die Streichung von 75 Zugverbindungen zum Ende des Jahres torpediere ihre Bemühungen, die Mitarbeiter zum Umstieg auf den ÖPNV zu motivieren, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Mutterhaus, Brüder- und Elisabeth-Krankenhaus.

Trier. Mit fast 4000 Beschäftigten sind die drei Kliniken der mit Abstand größte Arbeitgeber in der Trierer Innenstadt. Rund die Hälfte des Personals kommt aus dem Umland, die wenigsten wohnen unmittelbar in der City. Beim Rund-um-die-Uhr-Betrieb eines Krankenhauses liege es dabei "in der Natur der Sache, dass unsere Beschäftigten ihre Arbeitsstätte auch am Wochenende, frühmorgens oder spätabends erreichen müssen", sagt Mutterhaus-Geschäftsführer Ralf Lunkenheimer. Gerade da aber dreht die Bahn immer mehr den Hahn zu.Arbeitgeber will keinen Stau-Stress

Doppelt ärgerlich für die Kliniken: Weil sie seit Jahren die Folgen des massiven Verkehrsaufkommens in Trier am eigenen Leib erleben, hatten sie sich zusammengefunden, um ihre Mitarbeiter verstärkt zur ÖPNV-Nutzung zu bewegen. Gemeinsam mit dem Mobilitätsberater Maik Scharnweber wurden Konzepte ausgearbeitet, bis hin zur Einführung eines bezuschussten Job-Tickets. Schließlich widerspreche es "unseren Interessen als Arbeitgeber, wenn die Leute schon mit Stau-Stress bei der Arbeit ankommen", betont Geschäftsführer Hans-Georg Becker vom Elisabeth-Krankenhaus. Zudem sei die Kapazität der Betriebsparkplätze "bei allen Häusern am Limit angelangt". Und nun der Rückschlag: Es sei "den Leuten doch kaum zu vermitteln, dass sie auf den ÖPNV umsteigen sollen, wenn gleichzeitig das Angebot gekappt wird", ärgert sich Mutterhaus-Personalchef Karl-Heinz Bechtel.Kritik am "Zwang zur Autonutzung"

Dabei wäre die Bereitschaft durchaus vorhanden. "Gerade für Teilzeitkräfte oder Mitarbeiter in niedrigen Lohngruppen ist ein Autokauf oder der Umstieg auf den Zweitwagen schwierig", berichtet Reinhard Boesen, Chef der Mitarbeitervertretung im Brüderkrankenhaus. Aber durch die ständige "Abwärtsspirale" beim Bahn-Angebot gebe es faktisch einen regelrechten "Zwang zur Autonutzung". Das bestätigt auch Verkehrsexperte Scharnweber. Fielen Zugverbindungen zu Randzeiten weg, bleibe das nicht ohne Konsequenzen: "Wer frühmorgens keine Verbindung mehr hat, wird auch nachmittags nicht mehr fahren, auch wenn es da noch Züge gibt." Konsequenz: Mangels Nutzung sei "die nächste Kürzung schon programmiert". Stattdessen fordern die Klinik-Vertreter, "diesen Trend der letzten Jahre umzukehren". Dazu sei man gerne bereit, "in einen konstruktiven Dialog mit den Verantwortlichen in der Politik und beim Schienenpersonennahverkehr Nord einzutreten". Meinung In Autos ersticken Wie soll es denn der Deutschen Bahn AG jemals gelingen, möglichst viele Menschen für den ÖPNV zu begeistern, wenn sie gleichzeitig jede Menge Strecken, die unrentabel erscheinen, einfach ausdünnt oder ganz aufgibt? Dieses Paradoxon scheint die Verantwortungsträger in den Vorstands-Etagen seltsamerweise nicht zu interessieren. Es ist kein Wunder, dass die Innenstädte, auch die Trierer City, in Autos ersticken. Die Kritik der Kliniken ist völlig berechtigt. Doch sie wird wie auch schon viele andere in der Vergangenheit nichts nutzen - denn Fahrgäste können allenfalls ausbleiben, aber nicht streiken. j.pistorius@volksfreund.de

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