Kreißsaal statt Krippe

Während fast alle Menschen am Heiligen Abend die Geburt des Jesuskindes feiern, kümmert sich Holger Kühlwein um "richtige" Geburten: Der Gynäkologe arbeitet im Trierer Elisabeth-Krankenhaus und tauscht an Weihnachten die Krippe gegen den Kreißsaal.

Trier. Auch in diesem Jahr wird es wieder ein "Christkind" geben. Holger Kühlwein schaut in seine Unterlagen und nickt. "Ja, hier steht es. Der Termin ist der 24. Dezember." Kühlwein ist Gynäkologe und Belegarzt am Trierer Elisabeth-Krankenhaus. Wenn andere unter dem Weihnachtsbaum sitzen, steht er im Kreißsaal - wenn es sein muss. Mit einem Kollegen teilt sich Kühlwein den Dienst über Weihnachten und Neujahr und hat schon mehrere "Christkinder" auf die Welt gebracht.

"Normaler" Heiligabend beginnt mit Visite



Etwa 20 Betten hat die Station 1A des Elisabeth-Krankenhauses, "Gynäkologie und Geburtshilfe", und meist sind sie alle belegt. "An Weihnachten wird es immer etwas ruhiger auf der Station. Wir entlassen dann alle, bei denen es medizinisch vertretbar ist - und die meisten wollen über die Feiertage ohnehin nach Hause", sagt Kühlwein. Dass Patientinnen gegen ärztlichen Rat gehen, hat er auch schon oft erlebt.

Doch auch über die Weihnachtsfeiertage sind im Schnitt sechs bis sieben Betten belegt. "Bei knapp 600 Geburten im Jahr kommt es nur selten vor, dass mal einen Tag lang gar nichts passiert, auch an Weihnachten. Kinder halten sich eben nicht an Sprechzeiten oder Feiertage", sagt er und lächelt.

Ein "ganz normaler" Heiligabend beginnt für Kühlwein mit der Visite um acht Uhr morgens - wenn alles ruhig ist, fährt er dann nach Hause zu seiner Frau und den drei Kindern. "Dann komme ich mittags noch einmal, um nach allen Patientinnen zu sehen, und versuche, am Heiligen Abend noch ein wenig zu Hause zu sein, zumindest vor der Spätvisite. Das Handy ist aber immer eingeschaltet, falls etwas passieren sollte." Meistens wird er irgendwann gerufen: "Auch während des Gottesdienstes in der Basilika kam schon mal ein Anruf", erinnert er sich. Denn laut Gesetz muss ein Arzt in Bereitschaft innerhalb von zehn Minuten im Krankenhaus sein. "Einfach mal außerhalb von Trier Essen gehen ist dann einfach nicht drin", sagt Kühlwein.

Seit neun Jahren ist der Gynäkologe Belegarzt im Trierer Elisabeth-Krankenhaus, dieses Jahr hat er bereits den fünften Weihnachtsdienst. "Umso mehr genieße ich dann die Jahre, in denen ich nicht immer das Telefon in der Nähe haben muss. Meist verreisen wir dann mit der Familie", erzählt er. Doch in diesem Jahr wird das Handy wieder sein ständiger Begleiter sein - mit regelmäßigem Blick auf das Display: "Hat nicht doch jemand angerufen? Bin ich auch erreichbar und sitze nicht in einem Funkloch?"

Trotzdem, sagt Kühlwein, mache er den Job auch an Weihnachten gerne: "Die meisten Kollegen haben ja viel mit negativen Erfahrungen zu tun, aber in der Gynäkologie sind am Ende immer alle glücklich, wenn das Kind gesund und alles gut gegangen ist."

So, hofft er, wird es auch in diesem Jahr sein. Nicht nur beim prognostizierten "Christkind".

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