Kriegsende an der Mosel

TRIER/BRUTTIG. (red) Als Mitt-Zwanzigerin erlebte Gisela Brach das Kriegsende in Bruttig. Damals führte sie ein Tagebuch. Teile davon sind den Cochem-Zeller Jahrbüchern 1985 und 87 veröffentlicht. Hier weitere Details:

Seit Anfang Januar 1945 war meine Mutter mit uns vier Kindern in Bruttig bei einem Winzer untergekommen. Die Eroberung durch die Amerikaner ist mir nicht mehr in Erinnerung. Wir fühlten uns in Bruttig sicher. Es gab wohl einige Nächte mit Fliegeralarm, man hörte die Flak, bevor die Front Mitte März über uns hinweg gerollt war. Meine Mutter wollte so schnell wie möglich wieder nach Trier. Dabei halfen uns gute Bekannte, die motorisiert waren. Ich sollte mit den beiden jüngeren Geschwistern in Bruttig bleiben, sie wollte mit meiner älteren Schwester nach Hause, um aufzuräumen und nach dem Rechten zu sehen. Die guten Sprachenkenntnisse waren meiner Mutter in der Folgezeit von großem Vorteil. Passierscheine musste sie haben, und wir waren gut versorgt mit Lebensmittelkarten. Meine Schwester schob ein Fahrrad, unsere Mutter wurde unterwegs von einem Auto mitgenommen. Das war am 9. April 1945 mittags um halb eins. Sie war schon am gleichen Tag in Trier. Ich begann mit dem so genannten Bruttiger Tagebuch. Ich habe gekocht, Wäsche gewaschen, gebügelt, Strümpfe gestopft, geputzt und auf Nachrichten aus Trier gewartet. Die Geschwister gingen öfters nach Cochem, um Lebensmittel bei der Kusine zu holen. Am Freitag, 13. April, notierte ich, dass amerikanische Soldaten zwei deutsche Zeitungen auf die Straße geworfen haben, die wir begierig lasen. Vom Krieg merkten wir nichts mehr. Wir hatten zu essen und zu trinken, Äpfel bekamen wir von den Wirtsleuten und Kartoffeln reichlich zugeteilt. Ich notierte: "Die Lebensmittelversorgung geht so. Fünf Brote im Monat, aber reichlich Nährmittel, 250 Gramm Fleisch, aber nur 125 Gramm Butter und sonst kein Fett im Monat." Am 19. April wurden neue Lebensmittelkarten verteilt. Am Dienstag 8. Mai notierte ich: "Heute soll Waffenstillstand sein! Ich kann es noch nicht recht glauben. Man erfährt so etwas nur vom Hörensagen. Die Kinder haben heute vier Brote gekauft. Morgen soll es Eier geben, pro Karte drei Stück, macht bei uns 15 Eier. Das ist fein!" Am Freitag, 13. Juli, hatte ich mit den beiden Geschwistern eine Fahrgelegenheit nach Trier und war glücklich, wieder zu Hause zu sein. Gisela Brach, geboren 1926 in Trier, Diplom-Bibliothekarin i.R.

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