Kunst als Experimentierfeld

TRIER. Beim zehnten Oberstufenforum der Waldorfschule drehte sich in dem klassenübergreifenden Projekt drei Tage lang alles um Kunst. In 16 Kursen arbeiteten die Schüler mit verschiedenen künstlerischen Techniken.

Die elf Schüler in den Bänken des Chemieraums der Waldorfschule verfolgen heute keine Knallgasexplosion, auch der Bunsenbrenner bleibt aus. Sie sieben vorsichtig farbiges Pulver auf eine kleine Kupferplatte und schieben sie für drei Minuten in einen kleinen Ofen. Jetzt schmilzt bei 840 Grad das gemahlene Metallglas, das Pulver wird flüssig und verändert seine Farbe. Auf dem Stundenplan steht drei Tage nur eines: Emaillieren. Zur gleichen Zeit formen Schüler im Olewiger Kloster im Atelier von Franz Schönberger Hände, Engelsflügel und menschliche Köpfe aus Gips. Im Fotolabor im Ex-Haus legen Schüler derweil Negative in den Vergrößerer, und im Maler-Atelier von Gisela Hubert in der Salvianstraße werden Pinsel in die Acrylfarbe getaucht. Für zweieinhalb Tage ist an der Freien Waldorfschule Trier für die Schüler der Klassen neun bis zwölf kein normaler Unterricht, sondern Oberstufenforum. Seit 1995 gibt es Oberstufenforen mit Seminaren und Vorträgen zu den Themen Wirtschaft, Demokratie und Globalisierung.Höhen und Tiefen des Schaffens

Alle zwei Jahre ist das Thema jedoch Kunst. Hierbei werden eine ganze Reihe verschiedener Kurse angeboten, in denen die Schüler sich in den Sparten bildende Kunst, darstellende Kunst, Musik und Literatur ausprobieren. Das Kunstforum gibt so den Schülern Gelegenheit, an zweieinhalb Tagen in einen Arbeitsprozess hineinzukommen. Sie würden außerdem Höhen und Tiefen ihres Engagements erfahren, Totpunkte erleben und überwinden und lernen, ihre Grenzen zu erweitern, erläutert Initiator Bernd Bleffert, Lehrer für Gartenbau an der Waldorfschule. So konnten die Waldorfschüler im diesjährigen Kunstforum fotografieren, emaillieren, schmieden, Bühnenbilder entwerfen, Theaterlicht gestalten, Trommeln bauen, großformatig malen, eine absurde Geschichte zeichnen und erzählen, Klangobjekte bauen, einen Dokumentarfilm drehen, Skulpturen aus Gips bauen und Theater improvisieren. Neben bewährten Kursusleitern wie Kunstschmied Matthias Apel, Regisseurin Dido-Marie Laux und Malerin Gisela Hubert konnten in diesem Jahr auch eine Reihe neuer Kursleiter gewonnen werden. Ehrenamtlich gaben unter anderem der Bildhauer Franz Schönberger, der Trommelbauer Mathias Koch, die Fachfrau für Emaillieren, Gertrud Rittmann-Fischer, die Kameratechnikerin Eva Radünzel, die Fotografin Simonetta Reh und die Bühnenbildnerin Katrin Dickhaus den Waldorfschülern Kurse. "Man lernt hierbei viel und hat die Freiheit, sich selbst kreativ auszutoben. Denn im Kunstunterricht ist viel mehr vorgegeben", sagt Anouk Spengler (11. Klasse), die den Kurs Acrylmalerei bei Kunstlehrer Werner Peters gewählt hat."Schöne Abwechslung"

Wie die anderen Kursteilnehmer stellt sie die Ergebnisse ihrer Arbeit in den Fluren der Schule aus. Auch Vinalo Paßmann (13. Klasse), der mit seinem Kurs Theaterimprovisation bei der Vernissage das Publikum begeisterte, ist von der neuen Unterrichtsform angetan: "Ich finde, dass Kunstforum ist eine schöne Abwechslung. Es ist ein anderes Arbeiten. Man ist hier viel mehr gestalterisch aktiv." Jedoch empfanden viele Schüler und Kursusleiter die zur Verfügung stehende Zeit als zu kurz. "Wir überlegen, das Kunstforum in Zukunft auf mehr Tage auszudehnen", sagt Mitorganisatorin und Kunstpädagogin Anne-Marie Reitsma.

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