Lässig bis in den späten Abend

TRIER. Es gibt keine meterhohen Verstärker, keine Sicherheitsleute und keine kreischenden Fans. Viele Studenten füllen die Reihen, aber auch Zuschauer mittleren Alters. Wer Jazz hört, ist ein stiller Genießer und würde niemals den Takt mitklatschen – wer Jazz hört, setzt mehr auf Understatement. Das Engstfeld-Weiss-Quartett aus Düsseldorf bot, zusammen mit dem Trompeter Randy Brecker aus Philadelphia, modernen Jazz in Reinkultur.

Die Bühne ist aufgebaut, die Instrumente stehen bereit und warten auf ihren Einsatz. In rotes und blaues Licht gehüllt, wirkt die Szenerie wie eine Jazz-Bar in den USA. Und getreu der etwas lockereren Lebensart jenseits des großen Teichs stört es nicht, wenn die Musiker sich verspäten und erst 15 Minuten nach dem angekündigten Beginn die Bühne betreten. Jazz ist eben nicht hektisch, sondern ganz entspannt. Der Saxophonist schnippt mit den Fingern und zählt den Takt an, dann setzen alle fünf Musiker ein.Musik zum Fühlen

"Lumbago" heißt das erste Stück, und es ist aus der Feder von Wolfgang Engstfeld, dem Saxophonisten. Mit seinem Schlagzeuger Peter Weiss spielt er schon etwa 15 Jahre - von nüchterner Routine ist jedoch keine Spur. Knackige Soli wechseln sich ab, und immer wenn ein Musiker sein Solo beendet hat, gibt es Applaus vom Publikum. Kurz gefasst könnte man sagen: So funktioniert beinahe jedes Jazz-Stück, jeder spielt mal sein Solo, und die Sache läuft. Doch das ist nur der technische Aspekt des Jazz und wird dem Wesen dieser Musik nicht mal ansatzweise gerecht. Jazz muss nicht nur gespielt, sondern auch gefühlt werden. Und das merkt man den Musikern an: Wenn Randy Brecker, der Trompeter, sein Solo beendet und sein Kollege Engstfeld virtuose Melodien aus seinem Saxophon zaubert, schließt er manchmal die Augen, hebt den Kopf und nickt, als wollte er sagen "So muss sich das anhören." Oder anfühlen. "Jedes Konzert ist anders, jedes Solo wird anders gespielt, und daher ist auch die Jazzmusik so lebendig", erklärt Wolfgang Engstfeld. Konzentriert, aber nicht ernst oder gar verkrampft blicken die fünf Musiker während ihrer Einsätze drein. Die etwa 200 Zuschauer freut's, einige wippen mit den Fußspitzen, andere schnipsen leise mit den Fingern. "Nett, dass ihr gekommen seid, wir sind ja auch da", sagt der Saxophonist und stellt nach dem ersten Stück erstmal die Band vor. Danach spielen sie "Free Fall" von Randy Brecker, und auch Christian Ramond am Kontrabass spielt ein Solo. Das Quartett, an diesem Abend ein Quintett, spielt ausschließlich selbst komponierte Songs. Aus der Feder des Pianisten Hendrik Soll stammt das Lied "Tender Dance" - im Gegensatz zu den schmetternden Blechbläsern und lautstarken Schlagzeug-Soli geht es nun etwas ruhiger zu, und der Komponist greift zu einem lässigen Solo in die Tasten. Dabei werden die Stücke weder durch aufwendige Kulissen oder Beleuchtung inszeniert, nicht einmal die leger gekleideten Jazzmusiker lenken durch Show-Garderobe von der Musik ab. Das Quartett hat schon häufiger in Trier gespielt: "Schon vor vielen Jahren waren wir hier und kommen seitdem regelmäßig", sagt Engstfeld. Außerdem sei der Kontakt mit dem Publikum in kleinen Hallen viel besser, auch wenn die Trierer an diesem Abend "etwas Zeit zum Aufwärmen" brauchten. Das Gerücht, dass Jazzmusiker nur in schwarzer Garderobe auftreten, will das Quartett aber nicht bestätigen: "No black in summer", sagt Brecker lachend - er ist übrigens der einzige, der ein dunkelbraunes Sakko anhat. Alle anderen tragen nur schwarz.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort