Landgericht Trier: Drogenprozess endet mit niedrigen Haftstrafen und einer Therapie

Trier · Ordentlich abgespeckt hat das Trierer Landgericht die Vorwürfe gegen zwei Dealer: Waren vor Prozessbeginn Haftstrafen von acht bis neun Jahren avisiert, müssen die Angeklagten stattdessen zur Drogentherapie.

 TV-Foto: Friedemann Vetter

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"Wir haben kein Weihnachtsgeschenk für Sie, sondern eine ihren Taten und ihrer Schuld angemessene Strafe", leitete Richter Günther Köhler am Freitagmittag die Urteilsbegründung der dritten großen Jugendkammer des Landgerichts ein. Trotzdem folgte so etwas wie eine kleine Weihnachtsüberraschung. Denn bei Prozessbeginn im September standen für die beiden Angeklagten sehr viel höhere Gefängnisstrafen im Raum, als die Kammer am gestrigen letzten Prozesstag verhängte.

Doch weder die Vielzahl der Fälle, noch die Schwere der Taten, die die Staatsanwaltschaft angeklagt hatte, konnte den Drogendealern im Prozess nachgewiesen werden.

Richter Köhler reduzierte daher am Freitag die Tatvorwürfe deutlich: Beim Angeklagten M. blieben von ursprünglich 12 angeklagten Fällen Drogenhandel nur noch vier Fälle mit insgesamt 2,7 Kilo Amphetaminen übrig. Und bei vier Drogentransporten aus Frankreich nach Trier - insgesamt mit mehr als zehn Kilo Marihuana - wurde aus der angeklagten Mittäterschaft lediglich eine Beihilfe zur Tat. Der Angeklagte S. war wegen acht Fällen Drogenhandel angeklagt worden, nur drei Fälle hielt Richter Köhler davon für nachweisbar. Bei einem davon sollen allerdings immerhin 6,7 Kilo Marihuana den Besitzer gewechselt haben.

Dabei hatte Staatsanwalt Wolfgang Barrot die ursprünglich vier Angeklagten bei Prozessbeginn noch als größten Drogenring, den Polizei und Staatsanwaltschaft in den vergangenen Jahren in Trier haben hochgehen lassen, bezeichnet (der TV berichtete).

Doch der Hauptbelastungszeuge - der ebenfalls zu der Gruppe gehört haben soll - hatte sich ins Ausland abgesetzt (der TV berichtete). Und die von der Polizei mitgeschnittenen Telefongespräche zwischen den Dealern waren teilweise so schlecht zu verstehen, dass daraus keine klaren Schlüsse gezogen werden konnten. Der Staatsanwaltschaft fehlten damit die Beweise.

Der gerichtlich bestellte Berichterstatter der Jugendgerichtshilfe hatte empfohlen, dass M. nach Erwachsenenstafrecht verurteilt werden müsse. Aber auch das sah Richter Köhler anders: M. habe noch nicht die sittliche Reife eines Erwachsenen erlangt und müsse daher nach Jugendstrafrecht verurteilt werden. Denn er habe sich von seinem Cousin - dem ins Ausland geflüchteten Dealer G. - beeinflussen lassen. "Ein dickes Auto, schöne Frauen, teure Klamotten, viel Bargeld - das wollten Sie auch alles haben!", redete Köhler M. ins Gewissen. "Erwachsene hätten angesichts der Art, wie ihr Cousin zu diesem Lebensstil gekommen ist, diesen Versuchungen widerstanden. Sie haben sich dagegen verführen lassen."

Die Kammer verurteilte M. zu einer Jugendhaftstrafe von vier Jahren und sechs Monaten. Richter Köhler ordnete zudem eine Drogentherapie in einer Entzugsanstalt an. Sollte M. diese erfolgreich absolvieren, wird die übrige Haftstrafe zur Bewährung ausgesetzt.
S. wurde von der Kammer zu drei Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt, auch er soll in Therapie.
Staatsanwalt Barrot erklärte noch im Gerichtssaal, dass er keine Rechtsmittel gegen die Urteile einlegen werden, die Anwälte der beiden Verurteilten ließen sich diese Option offen.

Zwei weitere Mitangeklagte des Rings waren bereits im Oktober zu ähnlichen Strafen verurteilt worden.

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