Leben aus dem Koffer

TRIER/MAINZ. Im Kofferpacken dürfte Malu Dreyer fit sein: Unter der Woche lebt die rheinland-pfälzische Sozialministerin in Mainz, am Wochenende fährt sie ins familiäre Nest nach Trier. Diesen Rhythmus will die 45-Jährige auch nach den Landtagswahlen beibehalten: Sie kandidiert für die SPD im Wahlkreis Trier.

Der Termin mit dem TV ist Malu Dreyer sympathisch. "So kann ich an einem Montagmorgen ausnahmsweise noch in Trier sein", sagt die rheinland-pfälzische Sozialministerin augenzwinkernd und fügt hinzu: "Das ist heute natürlich nicht der einzige Termin." Zwei weitere stehen an, dazwischen wird sie via Laptop Kontakt mit ihrem Mainzer Büro aufnehmen und "wegschaffen", was aus der Ferne zu erledigen ist. Dem Wahlkampf gewinnt die gebürtige Neustädterin mit Wohnsitzen in Mainz und Trier vor allem eine positive Seite ab. "Ich liebe den Straßenwahlkampf", sagt sie mit leuchtenden Augen. "Da höre ich aus erster Hand, was die Menschen bewegt." Dafür habe die Juristin, die als Jugend-Staatsanwältin über einen Untersuchungs-Ausschuss im Landtag den Einstieg in die Politik fand, von jeher "ein Ohr gehabt". "Ich komme mit Ungerechtigkeiten schlecht klar und habe mich immer schon für bestimmte Anliegen stark gemacht", sagt Dreyer. Diese Einstellung trieb sie Anfang der 80er-Jahre in die Frauenbewegung und später auch zur Menschenrechts-Organisation Amnesty International. "Es war toll, zu studieren und gleichzeitig gesellschaftspolitisch etwas zu bewegen", schwärmt sie. Letzteres macht für die 45-Jährige nach wie vor den Reiz an der Tätigkeit als Politikerin aus: "Es gibt wenige Jobs, bei denen man so viel mitgestalten kann." Genau das hat sich Malu Dreyer auch für die kommenden Jahre vorgenommen. Dass diese Entscheidung bedeutet, die Woche über vom Trierer Oberbürgermeister-Kandidaten Klaus Jensen getrennt zu sein, den sie vor eineinhalb Jahren heiratete, lässt sie nicht hadern. "Wir sind diese Konstellation ja von Anfang an gewohnt", sagt die Kandidatin. Klaus Jensen fügt lachend hinzu: "Zwei Pilotenkoffer sind Standard-Inventar in dieser Wohnung." Das Paar achte darauf, "ausreichend Freiräume füreinander zu schaffen und sich nicht von der Arbeit auffressen zu lassen". So frönen sie zu Nicht-Wahlkampf-Zeiten an den Wochenenden nach Möglichkeit ihren gemeinsamen Leidenschaften: sie gehen regelmäßig ins Kino, tanken auf in der Natur und fiebern mit bei Basketballspielen des heimischen TBB. "Wir nutzen unsere Zeit", sagen beide - wohlwissend um ihr nicht alltägliches Glück. Während Jensens Zeit als Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Sozialministerium haben sich die beiden kennen und schätzen gelernt. Aus einer verlässlichen Freundschaft sei nach dem Tod von Jensens erster Ehefrau vor fünf Jahren mehr geworden. Dreyer zog bei Jensen und dessen drei Kindern in die Wohnung im Schammatdorf ein. Ein komisches Gefühl für "die zweite Frau"? Die zierliche Frau mit den großen Augen schüttelt den Kopf: "Die Kinder und die Nachbarn haben es mir leicht gemacht. Aber am Anfang war es wichtig, mich ein bisschen zurückzunehmen." Das Schammatdorf liebt sie und erzählt schmunzelnd: "Als Bürgermeisterin von Bad Kreuznach habe ich mir dieses Modellprojekt für das Zusammenleben von behinderten und nicht behinderten, jungen und alten Menschen angesehen. Es war immer ein Wunsch von mir, so zu leben. Das spiegelt die Lebenswirklichkeit wider." Gänzlich im Reinen mit sich wirkt Malu Dreyer, als sie sagt: "Früher hat man immer gedacht, eine solche Liebe findet man nur als junger Mensch. Älter zu werden, eine Vorgeschichte zu haben und dennoch das zu erleben, was uns passiert ist, das ist ein ganz großes Glück." Und so beantwortet sie die Frage nach ihrer Heimat, ihrem Zuhause auch, ohne nur eine Sekunde nachzudenken: "Mein Zuhause ist da, wo meine Lieben sind. Also in Trier."

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