Leichter zur Fahrkarte

TRIER. Seit vielen Jahren setzt die Bahn auf Fahrkartenautomaten als Ersatz für die Schalterbeamten. Viele Kunden scheuen jedoch die komplizierten Apparate. Mit "Automatenguides" will die Bahn den Kunden die Scheu vor den Automaten nehmen.

"Kann ich Ihnen helfen?", fragt Albert Kaiser die Kundin im Reisezentrum des Trierer Hauptbahnhofs. Die Frau steht in einer Schlange vor dem Schalter und wartet darauf, eine Fahrkarte kaufen zu können. Albert Kaiser geht mit der Frau zum Fahrkartenautomaten, erklärt der Kundin die Funktionsweise des Apparats und löst gemeinsam mit ihr ein Ticket. Der 41-Jährige ist einer der fünf "Automatenguides", die derzeit den Kunden im Hauptbahnhof die Scheu vor den Fahrkartenautomaten nehmen sollen. "Seit November setzen wir die Automatenguides in großen bis mittleren Reisezentren ein, um unseren Kunden die Hemmschwelle beim Benutzen der Fahrkartenautomaten zu nehmen", sagt Bahnsprecher Hartmut Lange. So umschreibt Lange das, was viele Kunden denken: Die Bedienung der Automaten ist zu kompliziert und erfordert teilweise Computerkenntnisse. Besonders die Fernverkehrsautomaten, bei denen man durch Berühren des Monitors zu verschiedenen Menüpunkten geführt wird, überfordern viele Kunden. "An den Automaten lassen sich zahlreiche Vorgänge von der Fahrplanauskunft über die Fahrkartenausgabe bis hin zur Platzreservierung erledigen", preist Albert Kaiser die Vorzüge der Elektronik an. Wenn es denn funktioniert. Selbst mit Hilfe braucht Roman Stroh drei Anläufe, um dem Automaten eine Fahrkarte nach Nettersheim zu entlocken. Der 78-Jährige fährt regelmäßig mit der Bahn und hat ein ganzes Repertoire negativer Erfahrungen auf Lager. Von nicht funktionierenden Automaten über streikende EC-Karten bis hin zu unterschiedlichen Preisen für dieselbe Fahrt berichtet der Rentner. Auch am Trierer Automaten zeigt der Monitor zwei Mal "Karte ungültig" an, bevor der Apparat sie dann doch akzeptiert. "Vor einigen Tagen konnte selbst ein Automatenguide nichts mehr machen und hat mich an den Schalter gebeten", sagt Stroh. Albert Kaiser gibt dem 78-Jährigen einige Tipps zur Benutzung des Automaten. Trotzdem steht das Urteil des Rentners fest: "Die Automaten sind zu kompliziert. Ohne Hilfe geht da nichts. Bis ich die Karte habe, ist der Zug weg." Das ist auch der Grund, warum sich zwei ältere Damen "nicht an den Automaten trauen". "Für alte Leute ist das nichts", sagen sie, während nebenan eine Dame problemlos gleich mehrere Fahrscheine aus dem Blechkasten zaubert. "Geht doch ganz einfach", sagt sie.Nach Schalterschluss sind die Kunden allein

Albert Kaiser sieht sich bestätigt. "Ich hatte schon Kunden, denen ich den Automaten erklärt habe und beim nächsten Mal konnten sie ihn alleine bedienen", sagt der 41-Jährige. Viele Leute kennten die Automaten nicht und würden sich deshalb nicht trauen, sie zu benutzen. "Meine Aufgabe ist es, diesen Kunden zu helfen." Dazu hat er ein Ein-Tages-Seminar absolviert, auf dem die Tarife und die Funktionsweise der Automaten erläutert wurden. Rund neun Stunden täglich sind der 41-Jährige und seine Kollegen zu den Hauptverkehrszeiten am Trierer Bahnhof anzutreffen. Spätestens nach Schalterschluss um 19.15 Uhr sind die Kunden aber wieder auf sich alleine gestellt. Und nach der Fußball-Weltmeisterschaft wird die Aktion laut Bahnsprecher Hartmut Lange voraussichtlich abgeschlossen. Dann werden die Schlangen an den Fahrkartenschaltern wohl wieder länger.

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