Leidenschaft fürs Herz aus Blech

TRIER. Im Italienurlaub hat ein Modell Wolfgang Schmelings Leidenschaft entfacht. Nun durchkreuzen 600 Alpha Romeos im Westentaschenformat sein zu Hause. Die Karriere als Ingenieur und Betriebswirt hat der 53-Jährige an den Haken gehängt und ein ganz neues Leben rund um seine Blechautos begonnen.

"Verfallen", sei er, sagt Wolfgang Schmeling, "und glücklich". Der Mann mit dem blonden Lockenkopf und den fröhlichen blauen Augen lacht immer wieder, freut sich an den Details seiner "Herzstückchen", wie er sagt. Vorsichtig lüftet er einen seiner Lieblingswagen: Der Original 50er-Jahre-Alpha-Romeo mit überdimensionierter Frauenfigur darin, könne per Uhrwerkantrieb seine Runden drehen: "Die Dame schaltet mit". Wolfgang Schmeling hebt die Augenbrauen - Probefahrt ist ausgeschlossen: "Die Autos werden so viel wie möglich geschont". Er legt den Kopf schräg und fährt selbst zurück in die Kindheit: Bei der Sammlerei sei viel Nostalgie im Spiel: "Ich habe meine eigene Geschichte aufgearbeitet, die Spielzeuge gesucht, die ich als Kind hatte". Überhaupt sei bei der Sammelkunst wichtig, den Bezug nicht zu verlieren: "Man braucht ein Thema". Für Schmeling eindeutig - neben der ganz persönlichen Erinnerung - schlägt sein Herz für "das Herz aus Blech". Zart streicht er über das Zeichen vorne an einem Alpha Romeo Modell. "Von den großen hat sich meine Leidenschaft auf die kleinen Autos übertragen", erzählt er. Mit eigenen Alpha Romeos sei bei ihm seit bald 30 Jahren Herz Trumpf auf der Straße - und seit 20Jahren auch in der Vitrine. "Es ist phantastisch: Fotos, Literatur und dann noch das Modell zusammen zu haben", schwärmt er, zeigt Veloursledersitze und Kabel im Motorenraum seiner Miniaturkarossen. Sogar von seinen alten großen Lieben hat sich der Sammler schließlich schweren Herzens für eine Zukunft aus Blech getrennt. "Julia" und "Spider", die beiden echten Alpha Romeo-Oldtimer, mussten vor fünf Jahren seine Garage räumen. Damals als der Maschinenbauingenieur und Betriebswirt mit einem kleinen Laden voller Modelle und Raritäten in die Selbstständigkeit durchstartete: "Ein ganz neues Leben war das nach 20 Jahren als Betriebs- und Vertriebsleiter", sagt Schmeling. 60-Stunden-Woche und über 40 Wochenenden im Jahr auf Spielzeugmessen machten ihm nichts aus: "Ich bin ein glücklicher Mensch, weil ich meine Leidenschaft lebe." Morgens tüftelt und klopft er in dem zur Werkstatt umgebauten Keller seiner Wohnung an maroden Antrieben und ausgebeulten Karosserien, nachmittags sitzt er im kleinen Laden in der Böhmerstraße, wartet auf Kundschaft und betreibt gleichzeitig seinen Internetshop: "Die Hälfte meiner 3000 Autos sind alt, neben den neuen Modellen echte Raritäten", erklärt er seine "Marktlücke mit Reparaturservice". Techniker und Mechaniker ist der Mann, der beim Betrachten alter Autokartons in Begeisterung gerät, schließlich auch noch. "Der Mensch ist Sammler und Jäger, die Leidenschaft steckt in uns allen", meint Schmeling. Wer ihn und seinesgleichen für verrückt erkläre, weil er hunderte Euros für altes Spielzeug zahle, wisse nichts vom Geschäft: "Das sind Antiquitäten", sagt der Geschäftsmann. Er blickt auf den himmelblauen Distler Porsche - so einen wie er ihn auch als Junge hatte: "In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Wert verdoppelt". Alle seine Kunden und Freunde auf der Jagd nach "Cremeschnittchen" von DJV und Mercedes-"Pagoden" könnten nicht irren: "Hier in der Region gibt es sicher 1000 Modellautosammler". Die kleinen Technikwunder hätten die Modelleisenbahn als Spielwiese für "das Kind im Manne" längst überholt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort