Letzte Rallye in Trier: Jubel, Trauer und ein Eklat - Sébastien Ogier gewinnt das Rennen

Trier. · Die Ära der Rallye in Trier endet mit einem Eklat: ADAC-Motorsportchef Hermann Tomczyk verweigert Triers Oberbürgermeister Wolfram Leibe eine konkrete Antwort auf die Frage nach den Gründen für den Wechsel ins Saarland. Der Motorsportfunktionär versucht, den Spieß umzudrehen und Triers OB als unzuverlässigen Partner darzustelle

 Zum letzten Mal rollt die Rallye durch die Trierer Innenstadt. 2016 wechselt das Zentrum an den Bostalsee. TV-Foto: Hans Krämer

Zum letzten Mal rollt die Rallye durch die Trierer Innenstadt. 2016 wechselt das Zentrum an den Bostalsee. TV-Foto: Hans Krämer


Warum verlegt der ADAC den Mittelpunkt der Rallye 2017 von Trier ins Saarland? Die deutlichste Antwort auf diese Frage geht aus einem internen Papier des Automobilclubs hervor, der die Rallye 16 Jahre lang in und um Trier veranstaltet hat. Dort steht: "Die gegenwärtigen Gespräche haben verdeutlicht, dass eine Reduzierung des Budgetansatzes für 2017 nicht möglich ist." Im Klartext: Wir können in Trier nichts mehr einsparen - im Saarland aber schon.

ADAC-Motorsportchef Hermann Tomczyk ist ein hoher Verantwortungsträger des Automobilclubs und einer der Regisseure des Wechsels. Er begründet diesen Schritt, den der ADAC lange insgeheim und ohne jede Info für Trier vorbereitet hat, mit diesen Worten: "Es war und ist keine Entscheidung gegen Trier. Es ist nicht einfach, einen Weltmeisterschaftslauf in Deutschland zu behalten. Wir müssen uns anpassen und verändern, flexibel sein und etwas Neues wagen."

Die Bühne dieses Dialogs zwischen Leibe und Tomczyk ist der Frankenturm, der Anlass ist eine Ehrung des Trierer Motorsportenthusiasten und langjährigen Rallyeorganisators Manfred Kronenburg. Der ehemalige Leiter der Bußgeldstelle im Polizeipräsidium Trier kennt die Situation natürlich genau und leidet massiv unter dem Abschied der Rallye. "Wir alle waren immer mit Herzblut dabei und haben unser Bestes gegeben, um die Rallye zu einem Erfolg zu machen", sagt er. Kurze Pause. "Dass jetzt alles zu Ende ist, tut mir sehr weh." Ein kurzer Blick in die Runde der Festgäste: In einigen Gesichtern steht blanke Wut auf den ADAC und auf Tomczyk.

OB Wolfram Leibe bleibt so freundlich und souverän, wie man ihn kennt, seit er im April 2015 den Job des Trierer Verwaltungschefs übernommen hat. Dennoch zeigt er in diesem Moment in Tonart und Körpersprache eine enorme Verärgerung. "Wir haben pro Jahr 4,5 Millionen Touristen in Trier und sind nicht abhängig von einer einzelnen Veranstaltung. Aber ich hätte mir gewünscht, dass man mit uns geredet hätte und dass ich es nicht aus der Zeitung erfahre", wirft er Tomczyk vor. Der Trierische Volksfreund berichtete am 11. März exklusiv über die Wechselpläne des ADAC.

Tomczyk reagiert kühl und geht zum Gegenangriff über. "Ich habe Ihnen einen Brief geschrieben und um ein Gespräch gebeten, bevor die definitive Entscheidung zum Wechsel gefallen ist", wirft, der ADAC-Funktionär dem Trierer OB vor. "Ich habe nie eine Antwort erhalten."

Einen Sekundenbruchteil lang sieht es tatsächlich so aus, als würde Leibe seine Contenance verlieren und eingreifen. Er lässt es. Er schüttelt nur klar mit dem Kopf. Tomczyk sieht das und lässt es nicht gelten. "Ich weiß, was ich wann unterschrieben haben." Leibe betont nach dem Festakt, der besagte Brief sei klar nach der Entscheidung des ADAC und der Berichterstattung im Trierischen Volksfreund bei ihm eingetroffen.

Da es an diesem Abend nicht um ein verbales Duell zwischen Trier und dem ADAC geht, sondern um die Ehrung von Manfred Kronenburg, beendet Leibe die Szene mit einer Geste, die jedoch keine versöhnliche ist.
"Falls der ADAC jetzt im Saarland auch die Porta Nigra nachbauen will, habe ich Ihnen ein Muster mitgebracht", teilt er Tomczyk in liebenswürdigem Tonfall mit. Im Klartext: Ihr könnt uns nachahmen, aber unsere Qualität werdet ihr nie erreichen.

Der Wechsel der Rallye ins Saarland hat einen weiteren Regisseur, doch dieser war in Trier nicht dabei. Klaus Bouillon (CDU), saarländischer Innenminister und früherer Bürgermeister der Stadt St. Wendel, gilt als maßgeblicher Drahtzieher des Rallye-Umzugs. "Bouillon macht seit Jahren enormen Druck und setzt sich mit voller Kraft für die Rallye im Saarland ein", sagt ein langjähriger Motorsportfunktionär dem TV. "Während in Trier lange nur geschimpft und kritisiert wurde, hat Bouillon alle Pferde scheu gemacht." Deshalb sei der Wechsel ins Saarland nicht erst im März eine klare Sache gewesen, sondern stehe bereits seit einigen Jahren auf dem Programm. "Aber Trier hat sich nicht gewehrt", sagt der Experte und meint damit Ex-OB Klaus Jensen (SPD). "Er hat der Rallye nur die kalte Schulter gezeigt."

Der Eklat im Hintergrund berührt die internationale Fanmasse in Trier nicht. Spanische, norwegische, belgische und französische Fahnen wehen am Sonntagnachmittag in der Trierer City, als Sébastien Ogier als Sieger der ADAC Rallye Deutschland mit großem Jubel vor der Porta Nigra gefeiert wird. Ab 2017 läuft die Siegerehrung im neuen Rallyezentrum am Bostalsee.Meinung

Trier hätte kämpfen müssen
Von Jörg Pistorius

Das war es dann, die Rallye geht. Sie landet auf der Friedhof der verpassten Chancen und gegen die Wand gefahrenen Trierer Großveranstaltungen auf demselben Gräberfeld wie die Antikenfestspiele und Brot und Spiele. Ein sehr traurig stimmendes Bild.

Der Trierer Sommerkalender war noch vor gar nicht so langer Zeit eine sehr heiße Geschichte. Im Amphitheater spielten Bands mit großen Namen, Gladiatoren traten zum Kampf an, prominente deutsche Schauspieler übernahmen römische Rollen. Aus der Innenstadt wurde eine Rennstrecke, wenn die Rallye den Circus Maximus aufbaute. Superstars des Motorsports rasten um die Porta Nigra herum. Zehntausende kamen, um diese Ereignisse zu sehen und mitzuerleben.

Heute ist all das Geschichte. Jetzt verliert Trier auch die Rallye, sie wurde weggeschnappt von einem hypermotivierten saarländischen Innenminister und einem treulosen und unzuverlässigen ADAC, dessen Sportchef sich in Trier bis auf die Knochen blamiert hat.

Darüber könnte man jetzt jammern und lamentieren, doch das nutzt natürlich gar nichts. Die Politiker in Trier, ehrenamtlich und professionell, müssen endlich begreifen, dass man um großartige Projekte kämpfen muss, dass man hinter ihnen stehen, sie verteidigen und schützen muss, und zwar immer wieder. Sie müssen begreifen, dass die Menschen gerade im Sommer nicht nur nach Hochkultur und musealer Bildung streben, sondern sich gute und spannende Unterhaltung wünschen.

Der Wegzug der Rallye ist ein harter Verlust für Trier, und er ist zu einem großen Teil selbst verschuldet

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