Liebe auf den zweiten Blick

TRIER-KERNSCHEID. Was andere wegwerfen, ist für Karl-Heinz Goerigk einen zweiten Blick wert. Der Hobbykünstler macht aus den verschiedensten Abfallmaterialien Kunst und lässt seiner Kreativität beim Holzschnitzen, Emaillieren oder Basteln mit Schrott freien Lauf. Demnächst möchte er seine Werke ausstellen.

Schon im Eingangsbereich des mehrgeschossigen Anwesens der Familie Goerigk im Stadtteil Kernscheid wird dem Besucher klar, wo die Passion des Hausherrn liegt: in der Kunst. Doch Karl-Heinz Goerigk hat nicht etwa einen teuren Chagall oder Picasso in seinem Flur hängen, sondern mehrere Bilder aus Schrott. "Ich habe schon immer ein Auge für Sachen gehabt, die weggeworfen wurden", erklärt der Pensionär, der nach eigenen Angaben in seinem Ruhestand "noch nie eine Sekunde Langeweile gehabt" hat. Als gelernter Elektromaschinenbauer und ehemaliger Schaltmeister beim Stromversorger RWE saß er quasi jahrelang an seiner Kunstquelle und hat gerne zugegriffen, wenn alte elektrische Anlagen verschrottet wurden und dabei kleine Spulen, Schrauben und andere Teile abfielen. Der Vorrat reiche für weitere zwanzig "Technikbilder", verrät Goerigk. Doch er legt sich nur ungern in seinem künstlerischen Schaffen fest, auch arbeitet er mit den verschiedensten Materialien. Angefangen hat alles mit einem alten Nußbaum vor seinem Haus, der gefällt werden musste. Aus dessen Holz hat der 58-Jährige im Jahr 1975 sein erstes Werk geschnitzt: einen Lebensbaum. Noch heute zeigt Autodidakt Goerigk die Schnitzerei mit Stolz vor, und weist auf die eingearbeiteten Pflanzen, Fische und Amphibien hin. Im Laufe der Jahre hat er nicht nur tierische Motive - wie ein Nashorn oder ein Warzenschwein (sein persönliches Lieblingsstück) - entworfen, sondern auch ab-strakte Skulpturen aus Kirschbaum geschaffen. "Schöne Sachen sind oft teuer und deswegen mache ich sie einfach selbst", sagt der HobbyKünstler, der "schon als Kind mit Lehm gebastelt" hat. Drei bis vier Wochen arbeitet er manchmal an einem Objekt und hat sich im Keller eigens einen Spannbock für seine Holzarbeiten gebaut. Neben der Kunst ist der Kernscheider ein großer Pflanzen- und Musikliebhaber. Viel Zeit investiert er zusammen mit Frau Gertrud in den Garten und besitzt nicht weniger als 400 Kakteen und 60 Rhododendren. Außerdem gibt der "meistens zufriedene" Mann im Ruhestand zu: "Ohne Musik läuft bei mir nichts." Sogar im Gewächshaus seines Gartens hat er sich Lautsprecher installiert und hört "von morgens bis abends" klassische Musik. In naher Zukunft möchte Karl-Heinz Goerigk seine Kunst der Öffentlichkeit präsentieren und schaut sich zurzeit nach geeigneten Ausstellungsräumen um. Gerade seine jüngsten Arbeiten, originelle Vögel aus Kieselsteinen und Kupfer, möchte er nicht länger nur in seinem Wohnzimmer ausstellen.

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