Liebe bis in den Tod

Den meisten Trierern sind die Grüfte der Abtei St. Matthias unbekannt. Stadtführer Hans Polis führt die TV-Leser in die Tiefen der Albanagruft. Eine Reise in die Vergangenheit - zu einem Paar, das sich bis in den Tod geliebt hat.

 Der Sarkophag der Witwe Albana: Auf der Seite sind die Köpfe des verstorbenen Paares dargestellt. TV-Foto: Eva Jaus

Der Sarkophag der Witwe Albana: Auf der Seite sind die Köpfe des verstorbenen Paares dargestellt. TV-Foto: Eva Jaus

Trier. "Wissen sie eigentlich, dass sie hier auf einem Friedhof stehen?", fragt Stadtführer Hans Polis. Die meisten Menschen, die sich auf dem Gelände der Abtei St. Matthias bewegen, wissen wohl nicht, dass sich unter ihnen ein 25 Hektar großes römisches Gräberfeld befindet. Hans Polis war schon in frühen Jahren fasziniert von St. Matthias. Als er Messdiener in der Benediktiner Abtei war, ging man nach der Andacht in die Quintinusgruft, um sich dort gegenseitig in geheimnisvoller Atmosphäre spannende Geschichten zu erzählen.

Am meisten begeisterte ihn jedoch schon damals die Albanagruft. Diese ist nicht für jeden zugänglich und die älteste Grabgruft in St. Matthias. In ihr sollen die ersten Trierer Bischöfe Eucharius und Valerius begraben worden sein. Bischof Cyrillus ließ der Tradition nach im Jahre 451 ihre Gebeine an einen anderen Ort bringen. Im Mittelalter war die Gruft ein Gebeinhaus. Danach wurde sie von der Familie von Nell als Grablege genutzt. Als sich die Familie 1960 bereit erklärte, ihre Vorfahren umzubetten, wurde die Gruft für die Forschung zugänglich. Man fand zuerst eine Knochenschicht, die auf das mittelalterliche Gebeinhaus zurückzuführen war. Darunter fand man den Sarg der Witwe Albana, der wohl aus der Mitte des 3. Jahrhunderts stammt. Die Besonderheit des Sarkophags sind seine gut erhaltenen Farben. Die Knochen, die man in dem Sarkophag fand, wurden an das Gerichtsmedizinische Institut in Mainz geschickt. Ergebnis: Man fand das Skelett eines Mannes, 35 bis 40 Jahre alt, alpiner Herkunft, mit robustem Körperbau, und das einer Frau, zehn Jahre älter, italischer Herkunft und grazilem Körperbau.

Da die weibliche Person zehn Jahre älter war, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Witwe Albana zuerst ihren Mann bestatten ließ und später sie selbst hier begraben wurde. Auch die Skulpturen, die den Sarkophag umgeben, sprechen dafür. Obwohl eine Inschrift fehlt, sind an zwei Seiten die Köpfe einer Frau und eines Mannes zu sehen. Man könnte hier einmal die Witwe Albana mit ihrem verstorbenen Mann erkennen - und auf der anderen Seite beide im Tod vereint.

Man fand den Sarkophag bei Ausgrabungen in einer Ecke stehend. Ein weiteres Indiz dafür, dass die ersten Trierer Bischöfe in der Albanagruft begraben wurden: Der Sarkophag der Witwe Albana musste Platz machen für Wichtigere: die Bischöfe Eucharius und Valerius.

In einer Serie stellt der TV Trierer Gästeführer und ihre Lieblings-Sehenswürdigkeiten und -Plätze vor und zeigt, was es abseits der ausgetretenen Touristenpfade alles zu entdecken gibt. Extra Hans Polis, der früher Hauptschullehrer in Waldrach war, ist seit 1999 Stadtführer. Alles begann mit einem Kurs an der FH "Trierer, willst du Fremde führen" und der Intention Bauwerke zu sehen, die nicht für jeden zugänglich sind. Sein Spezialgebiet ist St. Matthias und die dortigen Grüfte. Eine Führung durch die geheimnisvolle "Unterwelt" kann man erleben nach Anmeldung bei der Benediktiner Abtei St. Matthias, Telefon: 0651/17090. (eva)

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