Literarisches Soziogramm zu Anne Frank

Aus ihrem Buch "Ich sehne mich so" und über das Leben der Anne Frank redete die Autorin Mirjam Pressler in zwei Lesungen in der Basilika. Insgesamt kamen rund 600 Erwachsene und Schüler zur Autorenlesung, die als Begleitveranstaltung im Rahmen der noch bis zum 5. Oktober laufenden Anne-Frank-Ausstellung angeboten wurde.

Trier. Sie selbst hat ungefähr mit 14 Jahren das Tagebuch der Anne Frank gelesen. Als erwachsene Frau hat sie sich noch einmal damit beschäftigt. Mirjam Pressler ist Autorin des Buches "Ich sehne mich so. Die Lebensgeschichte der Anne Frank". Zuvor hat sie die historisch-kritische Ausgabe der Tagebücher aus dem Niederländischen ins Deutsche übersetzt.

"Die Übersetzung dieses Werks hat mich näher an Anne Frank herangeführt. Fünf Jahre habe ich nichts anderes getan, als mich mit ihr zu beschäftigen." Keine Zeit und den Kopf nicht frei für die Arbeit an einem anderen Buch habe sie, hatte sie ihrem Verleger mitgeteilt.

1992 erschien dennoch ein neues Werk: die Biografie über Anne Frank, die über das hinausgeht, was das Mädchen selbst in ihren Tagebüchern niederschrieb. "Das Buch ist eher ein Soziogramm", erklärt Pressler. Denn sie berichtet über das Hinterhaus, die Menschen, mit denen Anne Frank Kontakt hatte, über das Leben im Versteck, die Deportation und darüber, was nach dem letzten Tagebucheintrag am 1. August 1944 geschehen ist. Sie schreibt über die Zeit des Nationalsozialismus und die geschichtlichen Entwicklungen, aber natürlich steht im Mittelpunkt des Buches das Innenleben der Anne Frank, wie sie sich veränderte während ihres zwei Jahre dauernden Lebens im Versteck.

Sie schreibt über das Gefühl der Entfremdung, vom sich unverstanden und allein Fühlen und der Zuflucht, die Anne im Schreiben des Tagebuchs gefunden hat. "Anne Frank inszenierte ein kleines Welttheater auf der Bühne ihres Verstecks. Aus einem Minimum an Spannung schreibt sie ihre Geschichten. Sie konzentriert sich auf den Kern des Erzählens", sagt Pressler über ein 16-jähriges Mädchen und eine Schriftsteller-Kollegin.

Pressler hat sich so intensiv wie kaum jemand mit Anne Frank und ihrer Geschichte befasst. Und sie versteht es, lebendig aber auch genau so bedrückend ernst zu sprechen. Dem konnten sich auch nicht die rund 500 Trierer Schüler entziehen, die sich zur Lesung angemeldet hatten und eineinhalb Stunden aufmerksam und interessiert zuhörten.

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