Loebstraße in Trier: Ein Radweg, der ein Gehweg ist?

Trier · Da dürfte sich so mancher verwundert die Augen reiben: Den in der Planung zum Ausbau der Trierer Loebstraße explizit vorgesehenen Fahrradstreifen gibt’s nicht. Stattdessen wurde ein zweiter Fußgängerstreifen ausgeschildert.

Was wurde gestritten um den Fahrradweg, der bei der Sanierung der Loebstraße neu gebaut werden sollte: Einige ansässige Firmen meinten, ein Radstreifen habe auf und auch neben der viel befahrenen Straße nichts zu suchen. Die Radler könnten doch viel schöner entlang der Mosel oder des Grünebergs fahren.

Unsinn!, schrien die Befürworter. Werde eine so große und wichtige Straße komplett neu ausgebaut, dürften diejenigen Radler, die das Velo nutzen, um möglichst schnell von A nach B zu kommen, und die nicht auf Spazierfahrt seien, keinesfalls außen vor bleiben. Die damalige Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani positionierte sich eindeutig: "Entlang der Loebstraße gehört ein Radweg hin, keine Frage!", betonte sie Mal um Mal.

Von einem "Zweirichtungsradweg" war fortan stets die Rede, wenn es um die Loebstraße-Planungen ging.
Und als der Stadtrat am 20. April 2012 dem Ausbau der Straße schließlich zustimmte, hieß es in dem von der Verwaltung vorgelegten Baubeschluss denn auch wörtlich: "Im Rahmen des Ausbaues wird nördlich der Loebstraße ein 2,50 Meter breiter Zweirichtungsradweg vorgesehen." Wie dieser Radweg gestaltet werde, wo genau er verlaufen soll und dass zur "Sicherheit des Radverkehrs die Anzahl der den Radweg kreuzenden Zufahrten (auf die Parkplätze zur Mosel hin) auf vier reduziert" würden, ist im Baubeschluss ausführlich formuliert. Von Fußgängern ist da keine Rede.
Als im März 2015 schließlich die Sanierung der Loebstraße begann, war Baudezernentin Kaes-Torchiani nicht mehr im Amt. Und der beschlossene "Zweirichtungsradweg" Geschichte - allerdings ohne dass die Öffentlichkeit davon etwas mitbekommen hätte.

Die "zuständigen städtischen Ämter" hätten entschieden, vom Baubeschluss des Stadtrats abzuweichen, teilt das Rathaus auf TV-Nachfrage mit. Zumal der Radweg ohnehin nie exklusiv für Radler geplant gewesen sei, betont Rathaus-Pressesprecher Ralf Frühauf. Denn irgendwie müssten die Autofahrer, die ihre Wagen auf dem hinter dem Radweg gelegenen Parkplatz abstellen, ja zu Fuß zur Loebstraße zurückgelangen. Zumindest "für ein paar Meter" müssten diese Fußgänger also den Weg mitbenutzen. Deswegen sei schon immer vorgesehen gewesen, den Streifen als "gemeinsamen Fuß- und Radweg" zu deklarieren, behauptet die Stadtverwaltung.
Und warum wurde der Weg dann nicht als "gemeinsamer Fuß- und Radweg" ausgeschildert?

Auch darauf hat Rathaus-Pressesprecher Ralf Frühauf eine Antwort: Ein "gemeinsamer Fuß- und Radweg" hätte laut Straßenverkehrsordnung bedeutetet, dass Radfahrer diesen Weg zwingend benutzen müssten - und nicht auf die Straße ausweichen dürften. "Die zuständigen Ämter gehen allerdings davon aus, dass in der Loebstraße keine besondere Gefahrenlage besteht, die eine solche Radwegebenutzungspflicht rechtfertigt", sagt Frühauf.
Deshalb sei der Weg schließlich mit dem Verkehrszeichen 239 ausgeschildert worden: blaues, rundes Schild mit großer weißer Person mit Kind an der Hand. Unter dem Gehwegschild weist ein kleines rechteckiges Schild - weißer Grund, schwarzes Fahrrad - darauf hin, dass der Gehweg für Radfahrer "frei" ist.

Wer als Radler den Gehweg nutzen will, muss laut Straßenverkehrsordnung Schrittgeschwindigkeit - vier bis sieben Kilometer pro Stunde - fahren und Fußgängern absoluten Vorrang gewähren.
Aus dem geplanten schnellen "Zweirichtungsradweg" für die Radfahrer in der Loebstraße ist also ein Gehweg geworden, auf dem Radfahrer zwar geduldet sind, aber nur im Schneckentempo unterwegs sein dürfen.
Eine Benutzungspflicht für Radler besteht nicht. "Schnelle Radfahrer dürfen auch die Straße benutzen", sagt Frühauf.

Deren Asphalt ist zwar nach der Sanierung schön glatt. Nachdem die Fahrbahnbreite bei der Sanierung von 8,50 Meter auf 6,50 Meter verringert wurde, bleibt für Radfahrer allerdings nicht viel Platz. 6,50 Meter sind jedenfalls zu schmal, als dass die Markierung eines roten Schutzstreifens für Radler gesetzlich zugelassen wäre. Auf der übrigen Fahrbahn bliebe sonst nicht genügend Platz für die Hunderten von LKW, die täglich durch das Gewerbegebiet fahren.KommentarMeinung

Wenig glaubwürdig
Und schon wieder: Chance verpasst! Seit Jahren verspricht die Stadtverwaltung, keine Gelegenheit auszulassen, das Radwegenetz in Trier zu verbessern. Auch der Stadtrat fordert das. Und was passiert? Bei einem der größten Straßenbauprojekte der vergangenen Jahre bleiben die Radler komplett außen vor. Zwar ist nirgends gesetzlich definiert, wie ein - stets versprochener - Zweirichtungsradweg genau auszusehen hat. Aber dass es ein Gehweg wird, auf dem Radfahrer in beiden Richtungen geduldet sind (sofern sie Schrittgeschwindigkeit fahren), damit hatte sicher niemand gerechnet. Zumal die beteiligten Ämter der Stadtverwaltung diese Entscheidung letztlich getroffen haben, ohne den Stadtrat zu fragen. Die Argumente des Rathauses sind zudem löchrig: Wenn, wie behauptet, von Anfang an ein gemeinsamer Rad- und Fußweg angedacht war - warum ist man dann nicht schon damals auf den Gedanken gekommen, dass die Radfahrer in diesem Fall doch besser auf der normalen Fahrbahn aufgehoben sein könnten? Das Dilemma hätte diskutiert und die beste mögliche Lösung gefunden werden können. Stattdessen hat die Stadtverwaltung es sich bequem gemacht und im stillen Kämmerlein entschieden. Die Glaubwürdigkeit ihrer regelmäßigen Versprechungen, alles für die Fahrradstadt Trier zu tun, hat darunter - wieder mal - gelitten. c.wolff@volksfreund.de

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