Mach's noch einmal, Helmut!

TRIER. Tut er's oder tut er es nicht? Wie ein roter Faden zog sich durch die diesjährige Küchenparty von Oberbürgermeister Helmut Schröer die Frage, ob das kulinarisch-gesellschaftliche Benefiz-Großereignis zum letzten Mal statt findet. Schließlich endet im nächsten Jahr die Amtszeit des OB.

Wird die Moralität einer Handlung durch die Motivation oder den Effekt derselben bestimmt? Worüber sich Philosophen seit Jahrhunderten den Kopf zerbrechen, ist auch vor und bei gesellschaftlichen Großereignissen, die zugunsten einer "guten Sache" veranstaltet werden, ein häufiges und fleißig diskutiertes Thema. Austern-Symphonie und Thunfischsteak

Dass der Effekt der Helmut Schröer'schen Küchenparty ein sehr guter ist, kann wohl niemand bezweifeln: Rund 10 000 Euro bleiben jährlich übrig und fließen in die Kasse des von Ehefrau Gisela gegründeten Vereins "Arbeitsgemeinschaft Trierer Kinder". Davon werden Ferienfreizeiten für bedürftige Kinder organisiert und mittellose Kindergärten mit Spielzeug und Einrichtung ausgestattet. Bei der Motivation von Gesellschaftstigern, Gourmets und Gastgeber ist die Sache schon nicht mehr so einfach: Kommen die Feinschmecker, weil sie Gutes tun wollen, oder weil die - für eine Spende nebenbei relativ teure, für das Gebotene relativ preiswerte - Eintrittskarte den Zugang zu einer kulinarischen Welt der Extra-Klasse eröffnet? Sind den Damen und Herren der Gesellschaft das Sehen-und-Gesehen-Werden oder die Ferienfreizeiten und Kindergärten wichtiger? Über die Motivation von Lokalpolitikern soll an dieser Stelle erst gar nicht spekuliert werden. Nur soviel: Weder Oberbürgermeisterkandidat Ulrich Holkenbrink noch Herausforderer Klaus Jensen taten an diesem Abend Gutes oder gaben sich der Schlemmerei mitten in der Fastenzeit hin. Zumindest nicht in der Öffentlichkeit. Zu späterer Stunde werden die haarspalterischen Diskussionen weniger - und der Genuss wichtiger. Wen wundert's bei so viel Auswahl: Wer's schafft, kann im Restaurant des Porta-Nigra-Hotels gleich elf Gänge und elf Weine genießen. Vom feinen Kartoffel-Champagner-Süppchen aus der Küche der luxemburgischen Star-Köchin Léa Linster über eine "Symphonie von Austern" des Hotelkochs John Haley bis zum Seeteufel auf Schnippelbohnen mit Paprika-Aioli von Oliver Wagner aus dem Restaurant Kesselstatt. Metzger und CDU-Stadtrat Bertrand Adams hält sich derweil an die fischfreien Gänge: "Als Kind habe ich einmal vom Fischgeschäft gegenüber zwei Kieler Sprotten geschenkt bekommen. Allerdings nicht, weil die Verkäuferin mich so sehr mochte, sondern weil die weg mussten - aber das wusste ich erst zwei kranke Tage später. Seit dem bin ich allergisch auf Fisch!" Dabei ist der Andrang bei den Jakobsmuscheln - der Lieblingsgang von FDP-Stadtrat Thomas Egger - am größten: In weißen Kochschürzen über der Abendrobe schauen die Gäste zu, wie die Köche aus dem Temple du gourmet in Neuhütten die glasigen Muschelherzen kurz von beiden Seiten anbraten, hauchfeine Möhren- und Lauchstreifen dünsten und alles auf Tellern mit Saucenstreifen von Orange und grünem Curry anrichten. Dazu ein Schwätzchen mit dem Stehnachbarn und ein, zwei, drei Schluck Wein - die Küchenparty ist in vollem Gange. Ein Orakel namens Gisela

Das Plauschthema des Abends: Endet mit der Amtszeit Schröers im März 2007 auch die Küchenparty-Tradition? Gut unterrichtete Quellen wollen wissen, dass einer von Schröers potenziellen Nachfolgern bereits habe durchblicken lassen, die Party quasi mit dem Amt zu erben. Ungewöhnlich gut unterrichtete Quellen lassen verlauten, Schröer selbst wolle die Tradition fortsetzen. Selbst äußern sich die Gastgeber bei ihrer Dankesrede kryptisch: "Weiter zu machen wäre schön, aber irgendwann muss ein Schlussstrich gezogen werden", sagt Schröer während Ehefrau Gisela orakelt: "Ich hoffe, vielleicht, auf ein Wiedersehen!" Wie auch immer: Schade wär's um die schöne Veranstaltung - um Effekt und Motive gleichermaßen.

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