Machtwort im Streit um das Strohhaus

TRIER. Ein hartnäckiger Landwirt streitet mit der Stadt. Das Oberverwaltungsgericht Koblenz hat entschieden, dass Peter Webers 2002 errichtetes Strohballen-Haus in Trier-Irsch vorerst stehen bleiben darf. Die Beseitigungsanordnung des Verwaltungsgerichts Trier wurde aufgehoben. Ein Baugenehmigungsverfahren steht jedoch noch aus.

Kann man für 50 000 Euro ein standfestes und statisch geprüften Haus mit einer Wohnfläche von 105 Quadratmetern bauen - aus Stroh? Peter Weber hat es bewiesen. Im Jahr 2002 errichtete er beim Filscher Häuschen zwischen Tarforst und Pluwig das erste Strohhaus Deutschlands, das ohne stützende Gefache auskommt. 95 Strohballen, mit einer Presse verdichtet und in Format gebracht, bilden das standfeste Mauerwerk. Selbst das Fundament besteht aus Stroh. Ein Blechdach hält den Regen ab. Unterstützt wurde der Landwirt von der Fachhochschule Trier. Sein Gebäude soll modernsten Passivhaus-Standard erfüllen. Der Landwirt steht mit dieser Idee nicht allein, es gibt einen Fachverband für Strohballenbau. Die Geschichte des günstigen Strohhauses litt nur an einem zentralen Problem: Bauherr Weber hat mit dem Bau seines Hauses nicht gewartet, bis er die erforderliche Baugenehmigung hatte. Ein Antrag auf Bauvorbescheid wurde vom Bauaufsichtsamt abgelehnt. Die Begründung: Ein Wohnhaus, ob aus Stroh oder aus Stein, sei in diesem Außenbereich nicht genehmigungsfähig. Der Fall landete vor Gericht, und obwohl das Verwaltungsgericht Trier in erster Instanz nicht in seinem Sinne entschied, gab Weber den Kampf nicht auf. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Koblenz in zweiter Instanz ist aus Sicht des Landwirts ein Sieg. "Mein Strohhaus darf auf dem Reiterhof stehen bleiben", teilt er mit. "Der Auffassung der Trierer Stadtverwaltung und des Verwaltungsgerichts, dass ausgerechnet ein Strohhaus die Gefahr der Zersiedlung einer landwirtschaftlich genutzten Fläche darstellt, konnte sich das OVG nicht anschließen." Weber will seinen Bau abschließen und denkt bereits darüber nach, in Kooperation mit finanzstarken Partnern weitere Strohhäuser in verschiedenen Varianten zu bauen. Baudezernent Peter Dietze äußert sich auf Anfrage zum Koblenzer Urteil: "Die Stadt wird wie im Urteil verlangt einen positiven Bauvorbescheid erteilen. Einzelheiten wie Bauart, Bauprodukte, Statik und Brandschutz sind jedoch einem Baugenehmigungsverfahren vorbehalten, das sich anschließen muss." Im Detail: Weber habe 2002 den "Neubau eines Einfamilienhauses (Altenteilerhaus)" beantragt. "Die Stadt war davon ausgegangen, dass eine solche Nutzung nicht privilegiert und damit im Außenbereich unzulässig ist", sagt Dietze. Weber plante daraufhin die Unterbringung von Wanderreitern in seinem Strohhaus. Diese neue Nutzungsart überzeugte weder die Stadt noch das Verwaltungsgericht Trier, wohl aber die Koblenzer Richter. "Nach der vom Kläger vorgelegten Stellungnahme des Dienstleistungszentrums ländlicher Raum vom Oktober 2003 handelt es sich dabei um ein vom Land gefördertes Projekt. An der Ernsthaftigkeit einer derartigen Nutzung kann daher nicht gezweifelt werden", heißt es in der Urteilsbegründung. Weber will sein Strohhaus als Wanderreitstation innerhalb der Projekte "Hunsrück zu Pferd" und "Rheinland-Pfalz zu Pferd" nutzen. Dietze fasst zusammen: "Das OVG hat mit diesem Urteil kein grünes Licht für das Strohhaus gegeben. Es hat für die neue Nutzung als Wanderreitstation eine Privilegierung anerkannt und die Stadt zur Erteilung des positiven Bauvorbescheides verpflichtet." Doch das Baugenehmigungsverfahren sei eine andere Geschichte.

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