Mahnmal oder Andenken

TRIER. Für eine Steintafel zum Gedenken an abgetriebene Kinder setzt sich die "Aktion Lebensrecht für alle (Alfa)" Regionalverband Trier ein. Beim Stadtrat ist sie auf Ablehnung gestoßen. Einen neuen Vorstoß will Alfa beim neu gewählten Gremium nach der Kommunalwahl machen.

Die kleine Gedenktafel für abgetriebene Kinder, für die sich die "Aktion Lebensrecht für alle" einsetzt, soll weder Provokation noch Anklage gegen Frauen sein, die abgetrieben haben. "Wir wollen nicht den Paragrafen 218 ändern", versichert Michael Frisch, erster Vorsitzender des Alfa-Regionalverbands. Die Initiative will einen Gedenkstein aufstellen, der auf dem Hauptfriedhof seinen Platz finden soll und an abgetriebene Kinder erinnert. Den Ausschlag für diese Idee gab die Einrichtung eines Kindergrabfeldes auf dem Trierer Hauptfriedhofs, wo Eltern ihre tot geborenen Kinder beisetzen lassen können (der Trierische Volksfreund berichtete).Trauer auch an neutraler Skulptur möglich

Die Gedenktafel mit einem schlichten Text könne im Bereich des Grabfeldes ihren Platz finden. Wie Frisch glaubt, suchen viele Frauen, die abgetrieben haben, anonyme Möglichkeiten der Trauer. Viele würden später unter dem Abbruch leiden. Das sieht er auch im Internet bestätigt, das eine Vielzahl von Frauen nutzen, um virtuelle Briefe des Bedauerns und der Trauer an ihre abgetriebenen Kinder zu schreiben. Frisch und seine Mitstreiter wandten sich mit ihrem Anliegen an die Fraktionen des Stadtrates und an den Oberbürgermeister. Rat und Oberbürgermeister lehnten das Ansinnen mit dem Selbstentscheidungsrecht der Frauen und der Gefahr der Diskriminierung ab. "Ich war dann doch überrascht über die Reaktionen", wundert sich Frisch. Da gebe es bei einem Hundefriedhof eine breitere Zustimmung. Was dem Religionslehrer auch nicht einleuchtet, ist in diesem Zusammengang die Diskussion um Bioethik und Stammzellenforschung. Während die Abtreibung gesellschaftlich akzeptiert sei, gebe es Vorbehalte bei der Stammzellenforschung. Entweder handele es sich um menschliche Wesen oder nicht. Das ist für Frisch "verkehrte Welt". "Die Frauen werden nicht an den Pranger gestellt", betont er nochmals, es solle nur der vielen namenlosen Kinder gedacht werden. "Die Tafel kann als Mahnmal interpretiert werden und das kommt einer Anklage der betroffenen Frauen gleich", gibt Astrid Schleich, Beraterin beim Sozialdienst katholischer Frauen (SKF) zu bedenken. Gute Möglichkeiten die Trauer öffentlich zu machen, dabei aber anonym zu bleiben, biete das Internet, glaubt die Beraterin. "Das Trauern um diese Kinder ist doch auch am Gräberfeld mit seiner neutralen Skulptur selbst möglich." Monika Petry, Leiterin des SKF, findet, dass diese Möglichkeit völlig ausreicht. Der Sozialdienst, der Frauen im Auftrag der Kirche nach einem Schwangerschafts-Abbruch berät, hat demnach eine eindeutige Position. Er lehnt eine solche Tafel ab - im Sinne der betroffenen Frauen. "Wir sehen die Problematik vorrangig aus Sicht der Frauen." Das tut auch die Beratungsstelle Pro Familia Trier. "Der von Alfa vorgeschlagene Gedenkstein würde nach unserer Einschätzung für die meisten der betroffenen Frauen keine Hilfe, sondern eher eine Belastung darstellen", so Claudia Heltemes, Leiterin der Pro Familie. Das bestätigt eine betroffene Frau anonym: "Ich brauche diese Gedenktafel nicht, ich trauere am Kindergrabfeld." Nachdem Alfa mit seinem Anliegen weder beim Oberbürgermeister noch beim alten Stadtrat Erfolg hatte, will der Verein nun die Kommunalwahl abwarten und an den neu gewählten Stadtrat mit der Frage nach Unterstützung für die Gedenktafel heran treten. Dabei glaubt Frisch selbst nicht recht daran, dass sein Ansinnen dann mehr Aussicht auf Erfolg hat.

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